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Bedrohte Ingenieure der Natur

Wie Tiere die Erde gestalten: Studie enthüllt ihren gewaltigen Einfluss

Nicht nur Menschen verändern Landschaften – auch Tiere prägen die Erde in einem weit größeren Ausmaß, als bisher angenommen. Eine internationale Studie unter der Leitung von Professorin Gemma Harvey von der Queen Mary University of London zeigt, wie Hunderte von Tierarten zu „Natur-Architekten“ zu zählen sind: Sie bauen, graben und formen Ökosysteme – oft mit Folgen, die aus dem All sichtbar sind.

Studie wie Tiere Landschaft gestalten
Untersuchungen haben gezeigt, wie Hunderte von Arten die Landschaften prägen, auf die wir angewiesen sind. (Foto: Martijn Vonk)
Veröffentlicht in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), ist die Untersuchung die erste globale Studie dieser Art. Sie listet 603 Arten, Gattungen oder Familien auf, die aktiv die Oberflächenprozesse der Erde beeinflussen – von winzigen Ameisen, die Böden umwälzen, bis hin zu Lachsen, die Flussbetten neu gestalten. Ihre kollektive Wirkung ist dabei so gewaltig, dass sie mit Hunderttausenden von Überschwemmungen vergleichbar ist.

Tierische Landschaftsgestalter: Unerwartete Vielfalt

Während bekannte Beispiele wie Biber oder Lachse bereits gut erforscht sind, deckt die Studie eine weit größere Bandbreite auf: Neben Säugetieren und Fischen tragen auch Vögel, Reptilien und Insekten maßgeblich zur Gestaltung von Land- und Süßwasserökosystemen bei.

Besonders bemerkenswert: Obwohl Süßwasserhabitate nur 2,4 % der Erdoberfläche ausmachen, sind sie Heimat für über ein Drittel dieser geomorphologisch aktiven Arten. Sie spielen eine Schlüsselrolle in der Dynamik von Flussläufen, Feuchtgebieten und Seen.

Gewaltige Energie im Einsatz

Tiere gestalten die Umwelt
Hügel, die von gelben Wiesenameisen geschaffen wurden, Hertfordshire, Großbritannien. (Foto: Gemma Harvey)
Die Forscher schätzen, dass Tiere jährlich mindestens 76.000 Gigajoule Energie für die Umgestaltung der Erdoberfläche aufbringen – eine Leistung, die der Wirkung extremer Naturereignisse entspricht. Doch diese Zahl könnte sogar noch höher sein: Besonders in tropischen und subtropischen Regionen, wo die Artenvielfalt am größten ist, fehlen bislang umfassende Studien.

Faszinierende Beispiele aus der Tierwelt

  • Termiten errichten in Brasilien gewaltige Netzwerke von Hügeln, die sich über Tausende Quadratkilometer erstrecken.
  • Lachse bewegen mit ihrem Laichverhalten so viel Sediment wie eine jährliche Flussüberschwemmung.
  • Biber schaffen durch ihre Dämme ganze Feuchtgebiete und beeinflussen Wasserströme nachhaltig.
  • Ameisen verändern mit unzähligen winzigen Eingriffen die Bodenstruktur und damit die Wasserspeicherung.

Bedrohte Ingenieure der Natur

Doch die Rolle dieser tierischen Architekten ist in Gefahr. Fast 30 % der identifizierten Arten gelten als selten, endemisch oder bedroht. Damit könnten essenzielle geomorphologische Prozesse versiegen, bevor ihre volle Bedeutung verstanden ist – mit weitreichenden Folgen für Ökosysteme und die Landschaften, die sie prägen.

Professorin Harvey warnt:

„Unsere Forschung zeigt, dass Tiere eine viel größere Rolle in der Formung der Erde spielen, als wir bisher dachten. Doch mit dem Artensterben riskieren wir, diese natürlichen Prozesse zu verlieren – und damit auch ihre ökologischen Vorteile.“

Neue Perspektiven für Naturschutz und Renaturierung

Die Ergebnisse der Studie liefern wertvolle Erkenntnisse für den Schutz der Biodiversität und die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume. Bereits heute zeigen Projekte zur Wiederansiedlung von Bibern, dass sich deren natürliche Bauweise nutzen lässt, um Erosion zu reduzieren und Überschwemmungen einzudämmen.

Die Forschung macht deutlich: Wer Landschaften schützen und nachhaltig gestalten will, sollte nicht nur auf technische Maßnahmen setzen – sondern auch auf die unermüdliche Arbeit der tierischen Baumeister.

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