West-Anschluss bereits 2024 möglich?
Baltische Staaten wollen Abkopplung vom russischen Stromnetz beschleunigen
Die Regierungschefs Estlands, Lettlands und Litauens haben an diesem Freitag nach einem Treffen in der estnischen Hauptstadt Tallinn erklärt, die Abkopplung vom noch aus Sowjetzeiten stammenden BRELL-Stromnetz beschleunigen zu wollen.
Denn: Durch das uralte Ringsystem hängen die Baltenstaaten quasi am Tropf Moskaus, von wo aus die Stabilität der Stromnetze in den drei ehemaligen Sowjetrepubliken theroetisch jederzeit gestört werden könnte. In Zeiten wie diesen natürlich ein echtes Sicherheitsrisiko.
Daher verfolgen die baltischen Republiken das Ziel, bereits vor der intern eigentlich auf Ende 2025 festgesetzten Frist den Anschluss an bzw. die Synchronisation mit dem (west-)europäischen Netz zu vollenden. Der neue Termin wird nach Medienangaben von den technischen Kapazitäten abhängen.
„Wir haben heute vereinbart, die Gespräche hierzu fortzusetzen, sobald alle technischen Studien abgeschlossen sind. Dabei werden wir versuchen, einen gemeinsamen Zeitplan für die Beschleunigung zu finden“, teilte Gastgeberin Kaja Kallas für die estnische Seite mit.
Im nächsten Schritt werden die für Energiefragen zuständigen Ministerien weiter an den Details des Verfahrens arbeiten. „Wir werden uns weiterhin eng mit der Europäischen Kommission und Polen abstimmen“, zitiert ERR.ee Kallas weiter.
Zuletzt gab es erfolgreich verlaufene Tests in Litauen
Dass eine Beschleunigung möglich zu sein scheint, zeigte zuletzt ein erfolgreich verlaufener Test zur Desynchronisation in Litauen. Daher auch nutzte die litauische Regierungschefin Ingrida Simonyte das Treffen in Tallin, um bei ihren Amtskollegen für noch mehr Engagement zu werben.
Sie verwies darauf, dass die Umstellung der drei baltischen Länder auf das mitteleuropäische Netz sowohl ein technisches als auch ein politisches Projekt sei. Denn Russland könne, so Simonyte, das gemeinsame Stromsystem jederzeit nutzen, um Druck auf die baltischen Staaten auszuüben.
„Das politische Ziel ist klar, keiner von uns will länger als nötig an dieses Netz gebunden sein“, sagte sie bei einer gemeinsamen Erklärung. Vieles im Zeitplan wird abhängen von einer wichtigen estnisch-lettischen Stromleitung, deren Bau nun um ein Jahr nach vorne gezogen werden soll.
„Mit dem Auftragnehmer wurde verhandelt, dass der Bau der Leitung vom ursprünglich geplanten Fertigstellungstermin Oktober 2025 auf Dezember 2024 vorverlegt wird. Das eröffnet Estland die Möglichkeit, die Synchronisation früher als geplant einzuleiten“, so Taavi Veskimägi, Chef des estnischen Netzbetreibers Elering.
Entscheidend dafür werden Tests und Risikoanalysen sein, die Estland bereits bis Juni oder Juli abschließen will. Danach können Entscheidungen getroffen werden. Die baltische Einheit sei allerdings das „Wichtigste“, das es dabei zu berücksichtigen gelte, so Veskimägi.