Ein kulinarischer Reisebericht
Geschmackssache: Drei Restaurants auf Saaremaa
Der Einschlag eines Meteoriten in dem Dörfchen Kaali auf der Insel Saaremaa vor 4.000 Jahren hat nicht nur einen großen Krater und Spuren in den einheimischen, finnischen und skandinavischen Mythen hinterlassen, sondern auch meine Frau beeindruckt. „Der Krater wirkt größer, wenn man in ihm steht.“, sagte sie als sie in ihm stand.
Dann bekamen wir Hunger und fuhren nach Kuressaare, um in einem Café zu speisen, das uns bei einem früheren Besuch, in diese Stadt frisch verlieben ließ.
Das Café Retro – Frische Liebe, die rostet
Retro kohvik – Drei von Fünf Punkten, mit einem Hauch Entzauberung.
Resto Hafen im Yachthafen Kuressaare
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Eine Marina hat etwas Golfclubbiges an sich. Elitär, mehr Schein als Sein. So mein Vorurteil, auf das ich heute nicht stolz bin. Aus der Nähe betrachtet, besser gesagt, von drinnen, zeigte sich das Resto Hafen von seiner nahbaren Seite. Eine helle Atmosphäre dank einer Fensterfront zur Hafenseite. Eine Spielecke, die von unseren Kindern im Sturm erobert wurde – im Spiel vergaßen sie ihren Hunger. Wer mit Kleinkindern ins Restaurant geht, weiß solche Ecken zu schätzen. Die Bedienung empfängt die Gäste mit einem Lächeln.
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Als ob der Hauptgang nicht schon köstlich wäre, die Nachspeisen erhalten den Eindruck, den man zuvor gewonnen hat: Hier wirken Menschen, die ihre Arbeit nicht nur lieben, sondern auch virtuos beherrschen.
Wer in Kuressaare weilt, muss hier gegessen haben. Wir waren mehrmals zu Besuch.
Resto HAFEN – Fünf von Fünf Punkten, mit Kusshand und Goldrand.
Lümanda Söögimaja – Essen wie bei Michel aus Lönneberga
Das Wort Söögimaja übersetze ich ins reine Deutsch mit den Worten „Haus des Essens“. Die seit 20 Jahren unveränderte Speisekarte und Inneneinrichtung, wollen nur eins, schmackhaftes estnisches Bauernessen aus der Region servieren.
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Dieses Essen basiert auf Rüben, fermentiertem Weißkohl, besser bekannt unter der Bezeichnung Sauerkraut, fangfrischem Fisch vom Tag, Räucherspeck und Schweinefleisch und, vor allen Dingen, Kartoffeln. Gekochte Kartoffeln, gebratene Kartoffeln, gestampfte Kartoffeln, Kartoffelfrikadellen und Kartoffeln als Salat. Das ganze in großen Portionen, die noch nie jemand schon beim ersten Versuch aufessen gekonnt haben kann. Meine Meinung. Das Söögimaja hat sich darauf eingestellt, dass die Reste eingepackt und mitgenommen werden.
Die Zutaten sind aus den Gärten und Ställen der Umgebung, wenn nicht des Dorfes selbt, und aus dem Meer vor der Tür. Es ist damit unfreiwillig von unbelasteter Bioqualität. Damit rühmt sich das Lümanda Söögimaja nicht, das ist einfach so. Die Gerichte sind auf bäuerliche Weise ungepfeffert und wenig gesalzen, aber teilweise gut gedillt.
„Ich fing an mit Pfannenbrot, Kartoffelbrei, Bratensauce und eingelegtem Hering – mit einfachem Essen, mit dem wir aufgewachsen sind.“, sagt die Betreiberin Juta Pae in einem Interview. „‚Wer soll herkommen, um das zu essen?‘, sagten viele, die an der Idee zweifelten. Diese Gerichte stehen nun seit 20 Jahren auf der Karte und sind der Grund dafür, warum die Leute einen langen Weg über die Ostsee nehmen, um uns zu finden.“
Wir haben den 30 Kilometer langen Weg von Kuressaare mehrmals gerne auf uns genommen.
Lümanda Söögimaja – Fünf von fünf Punkten, mit Extraklecks Kartoffelbrei, den Rest einpacken, bitte.
Der Meteoriteneinschlag in Kaali ist tatsächlich nur eine Legende. Die Wissenschaft geht heute davon aus, dass der Riese Suur Töll mit gewaltigen Findlingen nach seinem Widersacher Vanapagan warf, dem bösen Unterweltgott, der die Bewohner der Insel terrorisierte. Dabei entstanden die Löcher in der Erde, die so tief sind, dass sie ständig mit Wasser gefüllt sind, wenn sie nicht gerade zugefroren sind.
ap