„Keine Aggression geplant“
Estland erhält Friedensgarantie für 2022 aus russischer Botschaft – per Weihnachtskarte
Mal ehrlich: Worum geht es im Kern bei beruflichen Grußkarten zu Weihnachten? Doch eigentlich darum, das Gegenüber mit ein paar nett formulierten, aber auch austauschbaren Belanglosigkeiten in die wohlverdiente Festtagsruhe zu verabschieden.
Alles Gute zu Weihnachten! Wir sehen uns im neuen Jahr! Lasst es euch gut gehen! Solche Sachen eben. Einen offensichtlich anderen Ansatz hat vor wenigen Tagen der scheidende russische Botschafter in Tallinn, Alexander Petrow, gewählt.
Seine weihnachtliche Botschaft ging an Marko Mihkelson, den parlamentarischen Vorsitzenden für auswärtige Angelegenheiten in Estland. Und wer weiß, vielleicht wird diese Grußkarte irgendwann einmal als Stück Zeitgeschichte im Museum enden.
Das Zeug dazu hat sie jedenfalls, denn da steht geschrieben: „Lieber Marko! Bitte empfange meine herzlichen Neujahrs- und Weihnachtswünsche!“ So weit, so normal. Aber dann: „Und erhalte zugleich die Bestätigung, dass Russland auch im Jahr 2022 keine Aggressionen gegen seine Nachbarn plant.“
Wir haben Russland falsch verstanden – Smiley
Äh, wie? Was steht da? Ähnlich verdattert dürfte Empfänger Mihkelsons erste Reaktion geklungen haben. Als zweite hat er die Karte dann am Mittwochnachmittag via Social Media / Twitter in die Öffentlichkeit katapultiert – flankiert mit einem bissigen Kommentar.
„In der Zwischenzeit scheint es, dass wir alle Russland falsch verstanden haben. ???? Ich habe Weihnachtspost vom russischen Botschafter in Tallinn erhalten“, schrieb Mihkelson.
Brandheißer Hintergrund des Ganzen ist natürlich, dass Russlands Präsident Wladimir Putin nicht weit weg von der ukrainisch-weißrussischen Grenze etwa 70.000 bis 100.000 Soldaten samt schwerem Kriegsgerät hat aufmarschieren lassen.
Satellitenbilder haben die Truppenbewegungen in den letzten Wochen im Detail festgehalten. Der US-Geheimdienst kam sogar zu dem Schluss, ein Angriff Russlands auf die Ukraine könne unmittelbar bevorstehen – mit dann natürlich unabsehbaren Folgen für die gesamte Region (und möglicherweise weit darüber hinaus).
Bekannt ist zudem, dass Botschafter Petrow seinen Platz in Tallinn Anfang 2022 nach rund sieben Jahren im Amt räumen wird. ERR.ee berichtete darüber.
Zu wünschen ist Petrov und allen erdenklich anderen, dass er sich mit der Karte als bestens informierter Diener Moskaus aus Estland verabschiedet hat. Nie war ein Weihnachtsgruß wichtiger als dieser.
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