Kuckersit, benannt nach einem deutschbaltischen Gut
Rückgang des Ölschieferverbrauchs in Estland
Estland verfügt über bedeutende Ölschiefer-Vorkommen, genauer gesagt Kuckersit, das seit Jahrzehnten durch Verbrennung zur Stromerzeugung und Fernwärme genutzt wird. Nun meldet das statistische Amt Estlands, dass der Verbrauch des Ölschiefers deutlich zurückgegangen sei.
Die Stromerzeugung in Estland ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent gesunken, so das Amt.
Die Erzeugung von Wärmeenergie, d. h. Fernwärme, ging im gleichen Zeitraum um 15 % zurück, so die Behörde.
Im Jahr 2023 produzierten die estnischen Kraftwerke 5.686 GWh Strom und 4.323 GWh Wärmeenergie.
Erheblicher Rückgang des Ölschieferverbrauchs
Helle Truuts, leitende Analystin beim Statistischen Amt, erklärte, der Rückgang der Stromerzeugung sei auf einen erheblichen Rückgang des Ölschieferverbrauchs zurückzuführen.
Sie sagte: „Die aus Ölschiefer erzeugte Strommenge ist innerhalb eines Jahres um fast 40 Prozent gesunken und macht nur noch ein Drittel der gesamten Stromerzeugung aus.“
„Im Jahr 2022 wurde noch mehr als die Hälfte des Stroms aus Ölschiefer erzeugt“, so Truuts.
Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen blieb zwar auf dem Niveau von 2022, machte aber die Hälfte der gesamten Stromerzeugung aus.
Der größte Anteil der erneuerbaren Energieerzeugung entfiel mit 46 Prozent auf die klimaschädliche Holzverbrennung.
Wind- und Solarenergie in Estland
Auf Wind- und Solarenergie entfiel jeweils fast ein Viertel der erneuerbaren Energieerzeugung.
Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Stromerzeugung aus Sonnenenergie am stärksten, nämlich um 16 Prozent.
Insgesamt wurden 20 Prozent des Stroms in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt, was eine wirtschaftlichere Nutzung von Brennstoffen ermöglicht, so das Statistische Amt.
Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) produzierten 1.167 GWh Strom und 3.800 GWh Wärme, obwohl auch hier die Strom- und Wärmeproduktion im Vergleich zum Vorjahr zurückging – um 16 Prozent bzw. 13 Prozent.
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen erzeugen Strom und Wärme aus einer Vielzahl von Brennstoffen.
Den größten Beitrag zur Energieerzeugung, gemessen in Terajoule, leistete Holz.
Kuckersit, benannt nach einem deutschbaltischen Gut
Estlands bedeutendste Vorkommen von Kuckersit befinden sich bei Narva und bei Kohtla-Järve, im Osten des Landes.
Kuckersit zählt zu den sog. Ölschiefern. Der Name des Gesteins leitet sich von dem ehemaligen deutschbaltischen Gut Kukruse (deutsch Kuckers) ab. In den 1870er Jahren wurde hier, als einem der ersten Orte weltweit, Ölschiefer abgebaut. Es entstanden Steinölbrennereien, die unter anderem den Lampenbrennstoff Petroleum produzierten.
Während der Energiekrise 1916 wurde der Ölschiefer industriell erschlossen und bis heute genutzt. Ölschiefer gilt bei der Verbrennung als besonders klimaschädlich, daher ist der Rückgang seines Verbrauches ein gute Nachricht für das Erdklima, eine schlechte für die estnische Wirtschaft; der geringere Stromverbrauch korreliert nämlich mit wirtschaftlicher Stagnation oder gar Schrumpfung.