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Herstellung: So einfach wie Backen

Revolution in der Materialforschung: Wissenschaftler entwickeln selbstheilendes Haut-Gel

Ein internationales Forscherteam hat ein bahnbrechendes Gel entwickelt, das sich selbst reparieren kann. Das neuartige Material vereint mechanische Festigkeit, Flexibilität und Selbstheilungseigenschaften – und könnte künftig in der Soft-Robotik sowie der Entwicklung künstlicher Haut zum Einsatz kommen.

Hydrogel künstliche Haut
Darstellung eines Hydrogels, das sich in Form eines Möbiusbandes selbst repariert. (Abb.: Margot Lepetit / Aalto-Universität)

Ein Material mit außergewöhnlichen Eigenschaften

Das Hydrogel, das von Wissenschaftlern der Aalto-Universität in Finnland und der Universität Bayreuth in Deutschland entwickelt wurde, ahmt die Struktur der menschlichen Haut nach. Es ist nicht nur stark, weich und flexibel, sondern kann sich nach einer Beschädigung innerhalb von 24 Stunden nahezu vollständig selbst regenerieren.

„Diese Studie zeigt, wie wir uns von biologischen Materialien inspirieren lassen können, um synthetische Materialien mit neuen Funktionalitäten zu erschaffen“, erklärt Professor Olli Ikkala von der Aalto-Universität. Die Forschenden sehen enormes Potenzial für Anwendungen in der Robotik und Medizin – von langlebigen, selbstheilenden Roboterhüllen bis hin zu synthetischen Geweben mit Regenerationsfähigkeit.

Nanotechnologie als Schlüssel

Hydrogele bestehen aus in Wasser gelösten Polymeren und sind üblicherweise weich und elastisch. Doch das Forscherteam hat eine revolutionäre Technik entwickelt: Durch die Integration extrem dünner Nanoblätter mit einer großen Oberfläche entstand eine geordnete Struktur aus vernetzten Polymeren. Dies verbessert nicht nur die mechanische Stabilität des Gels, sondern auch dessen Selbstheilungsfähigkeit.

„Starre, starke und selbstheilende Hydrogele zu kombinieren, war bisher eine große Herausforderung. Unsere Entdeckung könnte die Entwicklung neuer, von der Natur inspirierter Materialien vorantreiben“, sagt Akademieforscher Hang Zhang, der das Projekt leitete.

Eine Struktur wie menschliche Haut

Die Materialstruktur ist einzigartig: „Innerhalb eines Millimeters befinden sich 10.000 Nanoblattschichten, das Material so steif und unelastisch ist wie die menschliche Haut“, erläutert Zhang.

Bisherige künstliche Haut war entweder zu weich und selbstheilend oder zu starr, um sich regenerieren zu können. Das neue Hydrogel kombiniert Zähigkeit mit molekularer Beweglichkeit und ermöglicht so eine Selbstheilung.

Herstellung: So einfach wie Backen

Das Herstellungsverfahren ist überraschend simpel. Forscher Chen Liang mischte ein Pulver aus Monomeren und Wasser mit Nanoblättern und setzte es UV-Licht aus – ähnlich der Methode, die bei der Gel-Beschichtung von Nägeln verwendet wird.

„Die UV-Strahlung bewirkt, dass sich die Moleküle zu einem elastischen, festen Gel verbinden“, erklärt Liang.

Die tonartigen Nanoblätter, entwickelt von Professor Josef Breu von der Universität Bayreuth, quellen unter Wassereinfluss auf und stabilisieren das Material.

„Die Polymerketten werden zwischen den Nanoplättchen eingeklemmt. Durch die entstehende Reibung wird das Gel starr“, erklärt Breu.

Selbstheilung durch molekulare Verflechtung

Das Geheimnis der Selbstheilung liegt in der molekularen Struktur: Die Polymere im Gel sind eng miteinander verschränkt und verhalten sich wie mikroskopische Wollknäuel. Wird das Material durchtrennt, beginnt es sofort, sich wieder zu verbinden. Bereits nach vier Stunden ist es zu 80 bis 90 Prozent repariert, nach 24 Stunden ist die Heilung abgeschlossen.

Die Forschungsergebnisse werden am 7. März in der Fachzeitschrift Nature Materials veröffentlicht. Experten sehen darin eine vielversprechende Grundlage für künftige Innovationen in der Materialwissenschaft und Biotechnologie.

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