Brisanter Geheimdienstbericht
Russland plante islamfeindliche Kampagnen in Finnland, um NATO-Beitritt zu torpedieren
Um einen Eindruck davon zu erhalten, wie hybride Kriegsführung in der Theorie funktioniert, eignet sich diese nun an die Öffentlichkeit gelangte Episode zum NATO-Beitritt Finnlands ziemlich gut als Anschauungsmaterial. Es geht um Einflussnahme, Täuschung, Destabilisierung – das volle Programm.
Wie der finnische Geheimdienst Supo an diesem Montag bestätigte, liegen dort Unterlagen vor, wonach Russland / der Kreml sehr gezielte Aktionen geplant und möglicherweise durchgeführt hat, um den NATO-Beitritt des nordischen Landes zumindest zu verzögern.
Dazu sollten landesweit islamfeindliche Kampagnen angeschoben werden. Ziel war es offenbar, die politischen Spannungen zwischen den Beitrittskandidaten Finnland und vor allem Schweden einerseits sowie der zustimmungspflichtigen Türkei andererseits maximal anzuheizen.
In dem Bericht heißt es, dass ein russischer Geheimdienst geplant habe, vor der Genehmigung der Anträge der beiden Länder als Demonstrationen getarnte Störkampagnen zu organisieren. Der Plan wurde in einem Memo eines russischen Geheimdienstoffiziers enthüllt.
Das Dokument zeigt, mit welchen Methoden im Kreml gearbeitet wird
Laut den Informationen ging man in Moskau davon aus, dass die teils gewalttätigen Demonstrationen im Zuge mehrerer Koranschändungen in Schweden die Angst vieler EU-Staaten vor dem radikalen Islam verstärkt hätten. Dies weiter zu schüren, war scheinbar Ziel der geplanten Aktionen.
Konkret bestätigte Supo, Kenntnis von den Plänen des russischen Geheimdienstes gehabt zu haben, Demonstrationen in Finnland anzuzetteln. Allerdings habe man keine Anhaltspunkte, dass dies in Finnland in messbarer Weise gelungen sei.
Dafür spricht sicherlich auch der im Vergleich zu Schweden recht unproblematisch verlaufene Beitrittsprozess Finnlands, das seit April 2023 offiziell Mitglied der NATO ist. Dennoch bleibt das Dokument spannend, weil es zeigt, mit welchen Methoden im Kreml gearbeitet wird.
Möglichst viele Anti-Islam-Graffiti an stark frequentierten Plätzen anbringen
So sieht der russische Geheimdienst laut den Unterlagen ein vielversprechendes Instrument in der Anzettelung von Demonstrationen gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in einer Reihe europäischer Großstädte.
Dazu sei es notwendig, möglichst viele Anti-Islam- und Anti-Erdogan-Graffiti an stark frequentierten Plätzen anzubringen und Proteste auch über die Sozialen Medien zu verbreiten bzw. anzufachen. Die Unterlagen beziehen sich hier laut Yle.fi auch auf Anti-Islam-Demos in Paris im März 2023.
Nach Einschätzung der finnischen Analysten gehöre es mittlerweile zu den Grundprinzipien russischer Geheimdienstarbeit, bereits bestehende oder schwelende Konflikte zwischen Ländern und ethnischen Gruppen in Europa zu verschärfen. Wie eine zweite Front, an der kein Blut fließt.
Hintergrund: Ein möglicher NATO-Beitritt war für Finnland lage Zeit tabu. Das änderte sich 2014 mit der Annektierung der Krim durch Russland. Seitdem hielten sich sowohl Finnland als auch Schweden eine Beitritts-Option offen.
Nach Start des Krieges in der gesamten Ukraine im Februar 2022 und infolge einer Reihe von Andeutungen aus Moskau, die man in Helsinki und Stockholm klar als Drohungen verstand, wurde die Option schließlich gezogen. In Finnland mit Erfolg, Schweden muss noch warten – insbesondere wegen der Türkei.