70 Jahre Schulessen in Finnland
Schüler schlagen kostenloses Mittagessen an Schulen aus
Finnland ist das erste Land der Welt, das in allen Schulen eine warme Mahlzeit an seine Schüler spendiert. Und das bereits seit genau 70 Jahren. Heutzutage ist es nach wie vor eines der wenigen Länder, das dies tut – das benachbarte Estland gehört noch zum exklusiven Club derer, die ihre Schüler bis zur neunten Klasse mit einem freien Mittagessen versorgt.
In Finnland werden etwa 900.000 Schulkinder unter der Woche jeden Mittag mit einem vollwertigen Essen gespeist. Für manche Kinder ist das die einzige warme Mahlzeit des Tages.
Doch das kostenlose Angebot wird von immer mehr Schülern ausgeschlagen. Einer Befragung des Nationalen Instituts für Gesundheit und Soziales (THL) zufolge, verzichten bis zu 60 Prozent der Acht- und Neuntklässler auf das Mittagessen in der Schule mindestens ein Mal in der Woche. Das berichtete gestern die Website des finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks Yle.
Dabei unterscheidet sich die Beteiligung am gemeinsamen Mittagessen von Gemeinde zu Gemeinde. In kleineren Gemeinden nehmen die Schüler wesentlich öfter das Angebot an als in größeren.
Das sei ein Grund zur Sorge, sagt Marjaana Manninen, Vertreterin des finnischen Kultusministeriums, gegenüber Yle.
Sinn und Zweck des Mittagessens sei es, so Manninen, sicherzustellen, dass die Schüler genügend Energie haben, um gut durch den Schultag zu kommen, und dabei zu lernen.
„Wenn ein Schüler nicht isst, wird er nachmittags unruhig und unkonzentriert. Dabei verfehlt er womöglich sein Lernziel.“, führte sie weiter aus. „Schlussendlich beeinträchtigt der Verzicht auf das Mittagessen die schulische Leistung, sowie das allgemeine Wohlbefinden.“
Warum verzichten die Schüler auf das kostenlose Mittagessen?
Fragt man die Schüler, warum sie auf das kostenlose Mittagessen verzichten, bekommt man am häufigsten die Antworten: „Es schmeckt nicht“ und „Ich habe keinen Hunger“, sagt die Forscherin des THL, Susanna Raulio, gegenüber Yle.
Gruppenzwang ist ein anderer wichtiger Grund dafür, warum insbesondere die älteren Schüler auf das Schulessen verzichten.
Wenn sich in der Nähe der Schule ein Lebensmittelmarkt befindet oder ein Fastfood-Restaurant, so entscheidet sich eine Gruppe von Schülern oft dafür, dort zu essen. Dafür verlassen sie unerlaubt das Schulgelände.
Mittagessen ist Unterrichtszeit
Das Kultusministerium zeigt sich alles andere als glücklich über diese Entwicklung. „Beim Schulessen geht es darum, etwas über das Essen zu lernen, sowie die Mahlzeit gemeinsam einzunehmen.“, sagte Manninen gegenüber Yle.
Im Jubiläumsjahr des kostenlosen Schulessens gibt das Ministerium das Ziel aus, dass bis zum Jahr 2020 alle Schüler am Mittagessen wieder teilnehmen sollen. Ein Weg, dieses Ziel zu erreichen, ist es, die Schüler an der Essensplanung zu beteiligen.
Je nach Gemeinde, geben die Schulen für das Mittagessen zwischen 1,67 Euro und 8,28 Euro je Schüler und Tag aus. Der Landesdurchschnitt liegt bei 2,76 Euro. Die Höhe der Kosten hängt einerseits mit dem Umfang des Menüs, manche bieten Nachtisch an, andere nicht, und mit der Größe der Schule zusammen. Bei kleinen Schulen fallen die Ausgaben je Schüler in der Regel höher aus.
ap