Animierter Datenvergleich seit 1703
Der Blick auf Island führt (auch) zur Frage: Gibt es bald mehr Menschen als Schafe?
Die Frage, ob es auf Island bald mehr Menschen als Schafe gibt, treibt Statistiker und Medien auf der Atlantikinsel schon länger um. Denn sie ist für Land und Leute alles andere als banal, fast wie ein Spiegel der Geschichte.
Schafpopulation und Menschenpopulation auf Island – Balkendiagramm-Rennen
Iceland Review etwa berichtete noch Mitte 2021: „Die Zahl der Schafe nimmt nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums weiter ab. Im Winter 2020 gab es davon 400.724 in Island, verglichen mit 415.847 im Jahr 2019. Weniger Schafe gab es seit 1861 nicht mehr…“
Wenn man dann etwas genauer in die Zahlen schaut, fallen einem vor allem auf der Seite der Schafe regelrechte Populationssprünge auf, nach oben wie nach unten, die teils tief in die nicht immer erfreuliche Historie Islands blicken lassen.
Beispiel 1784: In diesem Jahr wurde wegen der in Island „Móðuharðindin“ (frei übersetzt: Lichtmangel) genannten Auswirkungen eines gigantischen Vulkanausbruchs am Lakagígar ein geradezu episches Schafsterben verzeichnet.
Innerhalb kürzester Zeit fiel die Population im Zuge der Katastrophe um ca. Faktor 7 von rund 360.000 auf nur noch 50.000 Tiere zurück. Auch die menschliche Bevölkerung litt in dieser Zeit enorm, wobei der Rückgang hier bei „lediglich“ 20 Prozent lag.
Einen weiteren Bruch markierte ein sozusagen importierter Parasitenbefall (Fjárkláði), der die Schafpopulation um das Jahr 1860 von zuvor 490.000 auf nur noch 330.000 schrumpfen ließ. Auch hier wieder begleitet von massiven Entbehrungen für die menschliche Bevölkerung.
Nach dem Höchststand von 1977 ging es bergab – diesmal ohne Katastrophe
Ihren absoluten Höchststand erreichte die Schafpopulation auf Island dann übrigens im Jahr 1977 mit 896.000 Tieren, worauf ein im Grunde stetiges Negativwachstum einsetzte. Bis runter auf zuletzt unter 400.000 Tiere. Und das ganz ohne Naturkatastrophen. Warum nur, fragt man sich.
Nach Angaben des Verbands der isländischen Schafzüchter ist das Minus der letzten Dekaden vor allem auf das immer schlechter werdende Verhältnis von Produktionskosten und Erträgen in der Woll- und Fleischproduktion zurückzuführen.
Auch das Konsumverhalten habe sich merklich geändert. Mehr Geflügel und Schwein auf dem Tisch, dafür weniger Lamm. Am Ende ist es also die Summe aus mehreren Gründen, die zum Status quo führte.
Damit scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis in Island der Equal Sheep-Day (oder wie auch immer man ein solches Ereignis nennen würde) erreicht ist. Aktuell liegt das Schaf noch leicht in Führung (385.000), doch der Mensch (360.000) holt auf.
Um das Thema zu vertiefen, haben wir historische Daten zur isländischen Population beider Spezies (Mensch und Schaf) gesammelt und – halb ernsthaft, halb augenzwinkernd – gegenübergestellt und animiert.
Dabei hat sehr geholfen, dass Schafe in Island schon seit mindestens 1703 recht systematisch gezählt werden. Die Animation steht also auf teils uralten, statistisch aber durchaus robusten Vergleichsdaten.