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Wissenschaftler fordert Tiefenforschung in den Erdmantel

Hat in Island eine neue vulkanische Phase begonnen?

Haraldur Sigurðsson, Vulkanologe und Professor im Ruhestand an der University of Rhode Island, ist überzeugt, dass am 1. April eine neue Phase der vulkanischen Aktivität im Vulkansystem Sundhnúkur auf Reykjanes in Island begonnen hat.

Vulkan Island
Ist die Halbinsel Reykjanes in eine neue vulkanische Phase übergegangen? (Foto: Portra)

Seiner Einschätzung nach dürfte diese Phase durch erneute Magmazufuhr unter der Erdoberfläche geprägt sein. In einem Beitrag in den sozialen Medien bezieht sich Sigurðsson auf einen aktuellen Fachartikel von Michelle Parks und 20 weiteren Forschenden.

Er lobt die Studie für ihre fundierte Übersicht zum Aktivitätsmuster des Sundhnúkur-Systems, merkt aber auch Schwächen an. „Die Interpretation reicht nicht tief genug – nur etwa vier Kilometer,“ schreibt er. „Um wirklich zu verstehen, was passiert, müssen wir tiefer in die Erdkruste und den darunterliegenden Erdmantel blicken.“

Sigurðsson unterscheidet drei Phasen, die seiner Meinung nach die laufenden Prozesse in der Region beschreiben. Phase 1 (November 2023 bis April 2024): In diesem Zeitraum kam es zu sechs Eruptionen in schneller Folge.

Gleichzeitig ging die Magmazufuhr stetig zurück – von 7,6 auf 4 Kubikmeter pro Sekunde. Auf Basis dieses Rückgangs sagte der Geophysiker Grímur Björnsson ein Ende der Eruptionsserie im Sommer oder Herbst 2024 voraus. „Doch der Trend änderte sich, und die Vorhersage war hinfällig“, so Sigurðsson.

Phase 2 (April 2024 bis März 2025): Diese Phase war durch etwa dreimonatige Pausen zwischen den Eruptionen geprägt. Die Magmazufuhr nahm weiter ab – von 4 auf 2,5 Kubikmeter pro Sekunde.

Phase 3 (ab April 2025): Starke Bewegungen in der Erdkruste und tektonische Verschiebungen könnten erneut zu erhöhter Magmaaktivität führen. „Was alle drei Phasen eint, ist die stetig abnehmende Magmazufuhr in die Kammer unter Svartsengi – in etwa vier Kilometern Tiefe“, schreibt Sigurðsson.

Tiefgreifende geophysikalische Untersuchungen der Region gefordert

Seit November 2023 ist die Magmazufuhr aus dem Erdmantel fast um zwei Drittel gesunken – von 7,6 auf 2,5 Kubikmeter pro Sekunde. Wie schnell Magma im Erdmantel entsteht und zur Kammer aufsteigt, ist entscheidend für das Verständnis der Vorgänge.

Satellitendaten (InSAR) zeigen: Die Magmakammer liegt wie ein flacher Kegel unter der Oberfläche – südlich der Blauen Lagune und westlich des Berges Þorbjörn. Sie könnte bis zu zehn Kilometer Durchmesser haben.

Das darüberliegende Land hat sich bereits um bis zu 40 Zentimeter gehoben. Auch wenn in der öffentlichen Wahrnehmung Lava und sichtbare Ausbrüche im Vordergrund stehen, sieht Sigurðsson die wirklich entscheidenden Prozesse in der Tiefe.

Das tektonische Ereignis am 1. April – ausgelöst durch massive Plattenbewegungen – könnte den Weg für aufsteigendes Magma geebnet haben. „Unmittelbar nach dem letzten Ausbruch begann sich das Land erneut zu heben – möglicherweise schneller als zuvor“, sagt er gegenüber Mbl.is.

„Die Frage ist, ob die tektonische Verschiebung den Magmafluss in das Svartsengi-System erleichtert hat.“ Sigurðsson fordert deshalb tiefgreifendere geophysikalische Untersuchungen der Region.

Ein vielversprechender Ansatz sei die seismische Bildgebung durch Forschungsschiffe, die mit starken Schallwellen ein genaues Bild von Erdkruste und Erdmantel liefern können. „Um zu verstehen, was hier passiert, müssen wir tiefer gehen – über die vier Kilometer hinaus, in den Erdmantel“, sagt Sigurðsson.

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