Leistungsbilanz: Rassistisch, wirr, nie da
Der US-Botschafter in Island bringt alle auf die Palme
Der Mann, um den es hier gehen soll, heißt Jeffrey Ross Gunter. Er ist US-Botschafter in Island. Und damit Inhaber eines Amtes, das der globale Normalbürger wahrscheinlich als ehrbar, als verantwortungsvoll und im Grunde auch als unerreichbar ansehen dürfte.
Nun, erreicht hat Gunter den Job schonmal, das hat er uns allen voraus. Nur in den Disziplinen Ehrbarkeit und Verantwortungsbewusstsein scheint er Grapevine.is zufolge so seine Schwächen zu haben.
Wobei, das trifft es nicht ganz. Denn wenn nur ein Teil dessen stimmen würde, was man über den US-Diplomaten hört und liest, wäre er eine Fehlbesetzung sondergleichen. Eine besonders ärgerliche noch dazu.
Aber der Reihe nach: Gunter wird vorgeworfen, den konsularischen Dienst in Island in den letzten Monaten quasi auf Null zurückgeschraubt zu haben. So berichten auf der Insel lebende US-Bürger, dass es fast unmöglich sei, einen Termin zu erhalten.
„Viele amerikanische Staatsbürger in Island können weder Geburten noch Todesfälle registrieren. Auch gibt es keine Pässe, Papiere oder sonstige Dinge, die normalerweise zu den wesentlichen Funktionen konsularischer Dienste gehören“, klagte unlängst in einem Artikel die seit etwa fünf Jahren in Island lebende US-Amerikanerin Grace Claiborn Barbörudóttir.
Wie es soweit kommen konnte? Ganz einfach: Gunter war monatelang nicht da. Das bestätigten gegenüber CBS News gleich mehrere Diplomaten, die mit der Situation in Island vertraut sind.
Dem Vernehmen nach sei Gunter von Februar bis Mai dieses Jahres lieber in den USA geblieben, als auf Island Dienst zu schieben. Überdies habe er von seiner Heimat in Kalifornien aus ein derart „unhaltbares“ Arbeitsumfeld geschaffen, dass weder sein Stellvertreter noch der Rest des Stabes die ihnen übertragenen Aufgaben vernünftig hätten erledigen können.
Letztlich brauchte es – kein Witz – eine ausdrückliche Aufforderung von US-Außenminister Mike Pompeo, um Gunter zurück an seinen Dienstort nach Island zu bewegen.
Doch damit nicht genug, denn auch Gunters Haltung zur Corona-Pandemie erhitzt derzeit die Gemüter seiner isländischen Landsleute. So bezeichnete er den neuartigen Erreger in der vergangenen Woche in einem Tweet als „das unsichtbare China-Virus“.
Eine Wortwahl also, die zwar voll auf Linie mit US-Präsident Trump ist, die aber von vielen US-Bürgern in- und außerhalb des Landes als schlichtweg rassistisch empfunden wird.
Dazu passt, dass die offizielle Webseite der Botschaft in Island laut Barbörudóttir antichinesische Propaganda enthalte. Die US-Bürgerin macht dann auch keinen Hehl daraus, was sie auch von dieser Situation hält.
Das Ganze sei nichts anderes als „schädliche Trump-Rhetorik“, schreibt sie. Und zwar von genau jener Sorte, die in ihrer Heimat bereits zur Entzündung rassistischer Spannungen, zur gefährlichen Relativierung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch Verschwörungstheorien und infolgedessen zur völligen Eskalation der Corona-Pandemie geführt habe.
Laut Barbörudóttir arbeiteten sie und ihre Landsleute in Island hart daran, sich als gute Bürger in anständiger und sinnvoller Weise in die Gesellschaft einzubringen. „Dass einer wie Gunter uns hier offiziell vertritt, ist einfach nur demütigend.“
Er müsse weg von seinem Sessel. Und das schleunigst, weshalb in diesen Tagen eine offizielle Petition zur Ablösung des isländischen US-Botschafters beim Weißen Haus in Washington eingegangen ist.
Und Gunter? Was macht das Ganze mit ihm? Laut CBS News soll der US-Diplomat unlängst beantragt haben, in Island eine Waffe tragen zu dürfen. Er fühle sich nicht mehr sicher, heißt es. Ach ja, und Tür-zu-Tür-Personenschutz möchte er auch. Die dafür benötigten Leibwächter lässt er angeblich gerade suchen – via Stellenanzeigen in der isländischen Presse.
Wenn es um ihn selbst geht, so scheint es, kann Gunter ganz schön umtriebig sein. Geradezu arbeitsam.
sh