Vom Insulin bis zur Bierhefe
Wir danken den Dänen für diese Erfindungen
Zu oft sind wir nachts in dunklen Kinderzimmern barfüßig darauf getreten, wobei uns die unterdrückten Schreie als Tränen des Schmerzes aus den Augen leise ronnen. Wir lassen Lego darum links liegen. Doch was haben die Dänen außer Lego für uns getan? Wir tauchen tief in die Archive und stellen fest, es war gar nicht nötig, so gründlich zu tauchen, die dänischen Erfindungen liegen wie Bernstein am Ostseestrand, wir müssen uns nur bücken, um die Schätze zu heben.
1. Insulin – Eine gewaltige Pionierleistung aus Dänemark
(Foto Melissa Johnson, CC BY 2.0)
Es war nicht vor 1922, da der rumänische Physiologe, Professor Nicolae Constantin Paulescu, Insulin entdeckte und dessen Verfahren zur Herstellung von „Pancrein“ patentieren ließ, einem Extrakt aus der Bauchspeicheldrüse, der Insulin enthielt. Damit behandelte er erfolgreich einen an Diabetes leidenden Hund. Wann kommen die Dänen ins Spiel? Genau jetzt.
Der dänische Physiologe August Krogh und seine Frau Marie brachten Insulin kurz nach seiner Entdeckung durch Nicolae Paulescu nach Dänemark. Marie, eine Ärztin mit Typ-1-Diabetes-Patienten, die selbst an Typ-2-Diabetes litt, war sehr an der neuen Entdeckung interessiert. Gemeinsam mit dem Arzt Hans Christian Hagedorn, gründeten August und Marie Krogh das Nordisk Insulinlaboratorium. Das war der Grundstein für die Etablierung einer breit angelegten Insulinproduktion in Dänemark, bei der Herstellungsverfahren durch die genannten Forscher verfeinert wurden und, vor allem, die Anwendung bei Menschen vorangetrieben. Heute ist Nordisk Insulinlaboratorium unter dem Namen Novo Nordisk bei den Diabetikern weltweit bekannt. Eine Pionierleistung der Dänen, die vielen Menschen das Leben rettete.
2. Trockenbatterie – Oder einfach Batterie
(Foto Eugene Brennan)
Hellesens Erfindung erleichterte den Transport und Handhabung der Batterien. Der Däne gründete nach seiner Erfindung eine eigene Fabrik, in der er Trockenbatterien für das dänische Telekommunikationsunternehmen produzierte. Heute ist der Markenname Hellesens im Besitz der Firma Duracell.
3. Bohrsches Atommodell – Wie der Vater, so der Sohn
Apropos Heisenberg. 1926/27 dozierte Werner Heisenberg, seinerseits späterer Nobelpreisträger, am Institut von Niels Bohr in Kopenhagen. Durch die Diskussionen der beiden Forscher entwickelten sich Heisenbergs Unschärferelation sowie das Komplementaritätsprinzip Bohrs als „Kopenhagener Deutung“ der Quantentheorie.
Ein Sohn Niels Bohrs, Aage Niels Bohr, erhielt 1975 ebenfalls den Nobelpreis für Physik. Dieser war 1956–1992 Professor an der Universität Kopenhagen, nach dem Tod seines Vaters Niels Bohr im Jahre 1962, wurde er 1963–1970 Vorstand des dortigen Niels-Bohr-Instituts.
4. Fahrräder, eine dänische Leidenschaft
(Foto Michael Cheng, CC BY-NC 2.0)
Dänemark bietet gleich zwei erfinderische Fahrradtüftler. Gemäß der Devise „Alter vor Schönheit“ fangen wir mit Mikael Pedersen an. Der Erfinder, gebürtig aus Fløng, Jahrgang 1855, entwickelte um 1890 das nach ihm benannte Pedersen-Fahrrad.
Mit dem Sitzkomfort damaliger Fahrräder unzufrieden, entwickelte Pedersen einen eigenen geflochtenen Sattel, der wie eine Hängematte aufgehängt wurde und der seitlich schwingt. An den Sattel baute er den Fahrradrahmen ausschließlich aus Dreiecken. Mit minimalem Gewicht erreichte er dadurch eine extrem hohe Stabilität und nie dagewesenen Sitzkomfort.
Weil diese Fahrräder von 1893 bis ca. 1920 an Mikael Pedersens damaligem Wohnsitz Dursley (Grafschaft Gloucestershire, England) gebaut wurden, werden sie auch Dursley-Pedersens genannt.
Leicht, rückenschonend, aber aufwändig. Durch die vielen Lötstellen, die beim Bau eines Pedersens notwendig sind, ist seine Produktion teuerer als die der konventionell geformten Fahrräder. Seit den 1980er Jahren werden diese besonderen Räder in Dänemark und in Deutschland wieder gebaut, meist als Maßanfertigung im Auftrag eines Kunden.
(Foto Mikael Colville-Andersen, CC BY-NC 2.0)
Schließlich prägten die fahrradverrückten Dänen auch den Begriff Copenhagenization, wie er etwa im sog. Copenhagenize Index verwendet wird. Die „Kopenhagenisierung“ ist eine Planungsstrategie, bei der Stadtplanung und Design darauf abzielen, eine Stadt für Radfahrer und Fußgänger zugänglicher und autofreier zu machen. In diesem Sinne sagen wir: „Copenhagenize my city, baby!“
5. Isolierung der Hefezelle, prost! – Saccharomyces carlsbergensis
Der nach der Brauerei Carlsberg benannte Hefepilz Saccharomyces carlsbergensis (Lager-Hefe) wird zum Brauen von untergärigen Lagerbieren verwendet. Dieser findet aber auch im wissenschaftlichen Bereich Verwendung.
Noch nie in der Geschichte des Bieres schmeckte das Bier zu jeder Jahreszeit und bei jeder Tranche genau gleich gut. Diese Errungeschaft der standardisierten Biergenese verdanken wir auch einem Dänen. Darauf ein Glas Den tørstige mand (Der durstige Mann).
6. Die Lichtgeschwindigkeit ist endlich
Vorherrschend war damals die descartessche Annahme, dass Licht sich augenblicklich ausbreitet. Dagegen wurde Rømers Deutung der Lichtausbreitung bald von Isaac Newton, John Flamsteed, Edmond Halley und eben Christiaan Huygens akzeptiert. Ein Meilenstein der Physik, der das Fach bedeutend weiterentwickelte.
7. pH-Wert-Skala, eine dänische Erfindung
In der Schule lernen wir, dass der pH-Wert auf einer Skala von 0 – 14 angibt, wie stark eine wässrige Lösung sauer oder basisch ist. Werte von 0 bis ca. 6,5 sind als sauer einzuschätzen. Reines Wasser verfügt über einen pH-Wert von 7 und gilt als neutral. Werte zwischen 7,5 – 14 sind dagegen basisch. Cola besitzt einen pH-Wert von 2-3 und ist damit sauerer als manch ein Essig (pH 2,5), Blut und Meereswasser sind dagegen ähnlich basisch, das erste hat den Wert 7,4, das zweite 7,5 und mehr. Das nur, um einige Beispiele zu nennen.
Was heute relativ simpel anmutet, war das Ergebnis jahrelanger Forschung eines dänischen Wissenschaftlers, der als Sohn eines Kleinbauern aus dem Dörfchen Havrebjerg nach Kopenhagen ging, um dort Großes zu leisten.
In diesem Sinne verabschieden wir uns von der redaktionell verkürzten Liste dänischer Erfindungen, denn irgendwann muss auch das größte Lernvergnügen enden.
Siehe auch:
ap