Alte Hansestadt am Fluss Venta
Beschauliches Kuldiga – die Stadt am Wasserfall
Kuldiga befindet sich im Westen Lettlands, von der Ostsee bei Ventspils aus gesehen etwa 30 Kilometer landeinwärts. Von der Lage her also eigentlich unspektakulär und dennoch interessant, weil es die aktuell rund 11.000 Einwohner zählende Stadt geschafft hat, 1368 Mitglied der Hanse zu werden.
Hanse? Ohne Meer? Ja, scheinbar ging das, da die Venta, der Fluss vor den Toren der Stadt, schon damals ausreichend schiffbar für üppigen Handel gewesen sein muss.
Für Kuldiga natürlich ein früher Segen, da die Hanse sozusagen den Zugang zur Welt bedeutete.
Den Anfang machten auch hier die Ritter des Deutschen Ordens, indem sie 1242 in Sichtweite des etwa 200 Meter breiten Venta-Wasserfalls mit dem Bau einer Burg begannen.
Wenig später entwickelten sich ihr zu Füßen die Vorläufer der heutigen Stadt, deren deutscher Name Goldingen war.
Die Ordensburg wurde leider 1702 bei einem Angriff schwedischer Truppen im Großen Nordischen Krieg ruinös beschädigt. Überhaupt hat die Region im Geschichtsverlauf stark unter Krieg und Zerstörung gelitten.
Über die Brücke in die kleine Altstadt
Man muss sagen: Es hat schon was, wenn man sich von Osten her kommend über die schöne Backsteinbrücke der Altstadt nähert.
Den Blick nach links gewandt, hat man von der Brücke den wohl bestmöglichen Blick auf den Wasserfall. Zugegeben, es sind nicht die Niagara-Fälle, die einen da erwarten.
Eher 100 Meter kleiner, aber dafür irgendwie passend zu dem beschaulichen Städtchen, das vor einem liegt.
Der Stolz Kuldigas gehört zweifelsfrei der Altstadt mit ihren zahlreichen Holzgebäuden aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Um hierher zu gelangen, muss man sich von der Brücke aus tendenziell links halten.
Beispielsweise kann man durch den schön angelegten Park am Venta-Ufer schlendern. Ungefähr auf Höhe des Wasserfalls geht es dann rechts in die Stadt, wo auf engem Raum einige Restaurants und Bars warten. Alles ganz unaufgeregt.
Drei volle Tage Festival im Juli
Richtig in Szene gesetzt wird das Ganze vor allem im Sommer, wenn die Stadt mit einer Reihe von Veranstaltungen lockt. Höhepunkt ist alljährlich das „Kuldiga-Stadt-Festival“ (Dzīres Kuldīgā).
Es findet traditionell Mitte Juli statt und bietet seinen Gästen eine Mischung aus Musik, Tanz, Akrobatik, Wettkampf und natürlich Leckerem. Gefeiert wird in der Regel von morgens bis abends, und zwar drei ganze Tage lang.
Wem das alles schon beim Lesen zu viel des Guten ist, sollte sich daher tunlichst einen anderen Besuchstermin aussuchen. Während des Festivals platzt die Stadt nämlich aus allen Nähten. Freunde lettischer Feierkultur werden dagegen voll und ganz auf ihre Kosten kommen.
Hier einfach mal ein Video mit Impressionen von einem der Festival-Höhepunkte 2019 – mal was anderes als Feuerwerk (www.youtube.com). Ansonsten gilt: Wenn Lettland, dann auch Kuldiga, zumindest für einen Tagesausflug. Es lohnt.
Sehenswürdigkeiten in Kuldiga
1. Das Zentrum Kuldigas trägt den zugegebenermaßen überzogenen Beinamen „Lettisches Venedig“. Der Grund: Zahlreiche der zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert errichteten Häuser grenzen direkt an das Mini-Flüsschen Aleksupite, das sich durch die Stadt windet.
Parallelen zur italienischen Lagunenstadt sind aber nicht im Ansatz erkennbar. Muss auch nicht, Kuldiga macht sein eigenes Ding.
2. Die alte Backsteinbrücke über die Venta wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut (exakt 1873). Sie gilt als heimliches Wahrzeichen der Stadt und erfreut sich dank ihrer Größe und Bauweise überregionaler Bekanntheit.
Zwangsläufig fragt man sich, ob das Bauwerk im Vergleich zur (normalerweise) seicht dahin dümpelnden Venta nicht ein wenig überdimensioniert ist. Egal, Brücke und Umgebung sind definitiv sehenswert.
3. Der Wasserfall “Ventas Rumba” ist mit rund 200 Metern Breite das „non plus ultra“ in Europa, auch wenn sich das Spektakel angesichts der geringen Fallhöhe in Grenzen hält.
Ein weiterer Wasserfall ist am Fluss Aleksupite zu besichtigen. Seine Fallhöhe von rund 5 Metern ist ebenfalls spitze, zumindest in Lettland.
4. Der Stadtpark war lange Zeit die Heimat einer Mitte des 13. Jahrhunderts von Rittern des Deutschen Ordens erbauten Burg.
Hiervon sind jedoch lediglich einige Überreste erhalten geblieben. Dennoch ist jeder Besuch des Parks gleichzeitig auch ein Trip in die Gründungstage Kuldigas.
5. Die Kirchen: Die St. Katherinen-Kirche entstammt ursprünglich – ähnlich den Überresten der ehemaligen Ordensburg – der Mitte des 13. Jahrhunderts. Bei dem heutigen Gotteshaus handelt es sich freilich um einen Neubau aus späteren Tagen.
Die Heilige Dreifaltigkeits-Kirche ist aus dem Jahr 1640. Eine weitere, die Russisch-Orthodoxe-Kirche, wurde 1871 errichtet.
6. Altes Rathaus und Rathausplatz: Das wuchtige Gebäude aus dem 17. Jahrhundert diente einst (zumindest der Keller) als Gefängnis. Der Platz davor war damals der wichtigste Versammlungsplatz in Kuldiga. Heute finden hier hin und wieder Märkte statt. Schön anzuschauen, Restaurants und Cafés sind in der Nähe.
7. Die Liepaja iela (Straße) ist eine nette Fußgängerzone mit zahlreichen schönen Gebäuden aus den vergangenen drei Jahrhunderten – und natürlich einigen Geschäften.
Zu sehen sind ganz unterschiedliche Architekturrichtungen. Besonderheit: Die kleinen Fenster über einigen Eingangstüren sind charakteristisch für Kuldiga.
Weiterführende Infos zur Stadt Kuldiga:
www.kuldiga.lv (Webseite der Stadt Kuldiga auf Englisch)
sh