Ausstellung der Gemälde Johann Walter-Kuraus in Lüneburg
Musik zum Anschauen
Wie viele Sprachen spricht ein Mensch von klein auf? Im Falle des 1869 in Mitau (lett. Jelgava) geborenen Johann Theodor Eugen Walter waren es drei: Obwohl sein Vater Theodor Walter als Lette geboren war, hatte er sich im Laufe seines gesellschaftlichen Aufstiegs zum Kaufmann und sogar Ratsherren der Gouvernementshauptstadt sprachlich und kulturell an die deutschbaltische Elite angepasst.
(Sammlung Pēteris Šmidre © Pēteris Šmidre)
„Russifizierung“: Kurland gehörte von 1795 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs zum Russischen Reich. Ab der Mitte des 19. Jh. kam es zur sogenannten „Russifizierung“, einem Versuch der politischen und administrativen Vereinheitlichung des Vielvölkerreichs, in dem beispielsweise die russische Sprache in der Verwaltung, aber auch Schul- und Hochschulbildung verpflichtend wurde – unabhängig davon, ob die Beamten und Lehrer die Sprache überhaupt beherrschten. |
Der junge Johann Walter lernte früh noch zwei weitere Sprachen: Die der Kunst und der Musik. Nach Abschluss der Mitauer Realschule 1889 zog der begeisterte Geiger daher nach St. Petersburg, um an der Kaiserlichen Akademie der Künste Malerei zu studieren.
Gemeinsam mit anderen lettischen Studenten gründete er dort die Vereinigung „Rūķis“ (Der Zwerg), um eine moderne lettische Malerei zu entwickeln. Nach dem Studium und einer Studienreise durch Deutschland, Frankreich und Italien wird sein Atelier im Elternhaus zum Treffpunkt der Kunstinteressierten in Mitau. Sein Diplomgemälde „Markt in Mitau“ oder auch „Bauernmädchen“ werden mit ihrem lyrisch impressionistischen Stil bekannte und beliebte Werke.
(Sammlung Pēteris Šmidre © Pēteris Šmidre)
Mitten im Ersten Weltkrieg siedelt er nach Berlin über, wo er die Violinistin Gertrud Matthaes heiratet, die er schon in Dresden kennengelernt hat. In Dresden ein Star, der in der Öffentlichkeit stand, zieht er sich in der Reichshauptstadt sehr zurück, der viele Werke schafft, doch kaum mehr ausstellt. Erst nach seinem Tod im Dezember 1932 wird sein Schaffen mit großen Ausstellungen „wiederentdeckt“ – aber auch von den Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ diffamiert.
(Sammlung Pēteris Šmidre © Pēteris Šmidre)
Eine von ihnen – die Sammlung Pēteris Šmidre – bildet den Grundstock der Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum, die am 3. Juli im Beisein der Botschafterin der Republik Lettlands, Inga Skujina, in Lüneburg feierlich eröffnet wurde und noch bis zum 24. Oktober zu sehen ist.
Informationen zur Ausstellung
Zwischen Lettland und Deutschland. Der baltische Künstler Johann Walter-Kurau
Vom 3.7.2021 bis zum 24.10.2021
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag
10.00 bis 18.00 Uhr
Ostpreußisches Landesmuseum
mit Deutschbaltischer Abteilung
Heiligengeiststraße 38
21335 Lüneburg
Termine von Führungen und weitere Informationen unter:
www.ostpreussisches-landesmuseum.de
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Dr. Martin Pabst
Über den Autor Dr. Martin Pabst studierte Geschichte und Theologie und wurde mit einer Arbeit zur Reformationsgeschichte Rigas promoviert. Er arbeitet als Wissenschaftlicher Leiter des Deutsch-Baltischen Jugendwerks sowie freiberuflich als Autor, Studienleiter und Vortragsredner. twitter.com/Dr_Martin_Pabst |