Minusrekord wegen Corona?
Lettland verzeichnet geringste Geburtenzahl seit 100 Jahren
Der lettische Demograf Ilmārs Mežs hat in einem Radiointerview die Sorge geäußert, dass 2020 für sein Land das Jahr mit der geringsten Geburtenzahl seit Beginn der statistischen Erfassung werden dürfte. Konkret: seit gut 100 Jahren.
Aktuell geht Mežs davon aus, dass es in Lettland bis Ende des Jahres lediglich 18.000 Neugeborene geben wird. Für den Demografen ist klar, dass an dieser Entwicklung die Corona-Pandemie mit all ihren Ängsten und Unsicherheiten einen großen Anteil hat.
Dennoch übt er auch Kritik an der familienpolitischen Ausrichtung seines Landes, die erheblich schlechter sei als beispielsweise im benachbarten Estland.
Lettland hat nämlich schon länger mit geringen Geburtenraten zu kämpfen, weshalb wissenschaftliche Projektionen bis 2050 einen Rückgang der Bevölkerung von derzeit 1,9 Millionen auf nur noch 1,4 Millionen sehen.
Estland dagegen sei laut Mežs mit gezielten Maßnahmen und finanzieller Familienförderungen in der Lage, den Bevölkerungsrückgang aufzuhalten.
„Das Budget und der politische Wille sind in Estland einfach größer als in Lettland“, teilte Mežs laut einem Bericht auf LSM.lv mit.
Dass es in Lettland schlichtweg an Koordinierung fehlt, lässt sich leicht daran ablesen, dass es hier seit der Finanzkrise 2009 kein Familienministerium mehr gibt.
Laut Mežs sei es nun wichtig, die Zuständigkeiten in wichtigen familienpolitischen Fragen schnellstmöglich wieder unter einem Dach zu bündeln.
Immerhin zeigt sich der Demograf hoffnungsvoll, dass die Höhe des staatlichen Familiengeldes im nächsten Jahreshaushalt nach oben geschraubt werde. Es wäre ein Anfang.
Hintergrund: Das Familiengeld für Eltern mit drei Kindern liegt in Lettland bei 134 Euro pro Monat. In Estland sind es hingegen 520 Euro.
sh