Eröffnung der Ausstellung „Adeliges Leben“ in Liepāja
Von Baronen und Bauern im Baltikum – Eine Wanderausstellung macht Station in Liepāja
Gutshäuser in Lettland und Estland waren vor allem im 19. Jahrhundert nicht nur landwirtschaftliche, sondern auch kulturelle und pädagogische Zentren. Diese und andere Zeugnisse der baltischen Geschichte werden am Herder-Institut in Marburg erforscht. Eine Wanderausstellung, die zur Zeit in Liepāja, Lettland, stattfindet, zeigt einige Ergebnisse der Forschungsarbeit.
„Es war schon recht frisch in der Kirche, aber beim Aufstellen von 16 Rollups wird einem schon warm“, kommentiert Martin Pabst den Aufbau der Ausstellung „Adeliges Leben im Baltikum. Herrenhäuser in Estland und Lettland“ in der Dreifaltigkeitskathedrale im westlettischen Liepāja.
Bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt konnte man auch später Atemwolken sehen, als der lutherische Bischof von Liepāja, Hanss Jensons, die Ausstellung in seiner Bischofskirche eröffnete.
Ursprünglich sollte das „Adelige Leben“ schon im Herbst 2023 in der „Stadt, in der der Wind geboren wurde“ (wie man in Lettland sagt) zu sehen sein – pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum des Deutsch-Lettischen Kulturzentrums, aber dann „platzte“ etwas in der Logistik.
„Die Ausstellung war ja bereits in Lettland, in Valmiera, gewesen“, erklärt Pabst gut gelaunt. „Dann haben wir sie kurzfristig zum Usedomer Musikfestival nach Heringsdorf geholt und nicht mehr rechtzeitig nach Lettland zurückbekommen. Den Transport bis Riga hat dann zum Glück die lettische Botschaft in Berlin organisiert, denen wir sehr dankbar dafür sind.“
Erstellt wurde die Ausstellung von der Kunsthistorikerin Agnese Bergholde vom Herder-Institut in Marburg, die selbst aus Lettland stammt, und war vor der Covid-Pandemie an verschiedenen Orten in Deutschland zu sehen.
Die 1,50 m breiten Tafeln widmen sich dem Thema der baltischen Herrenhäuser aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln:
Als repräsentative Wohnsitze des deutschbaltischen Adels, aber auch als Wirtschaftsbetriebe und Orte, an denen die Oberschicht in engem Kontakt zur estnischen und lettischen Landbevölkerung lebte.
„Es war eine ständische Gesellschaft, genauso wie in Mecklenburg oder Pommern, nur dass dort die Bauern die gleiche Muttersprache hatten wie die Gutsherren“, betont Martin Pabst, der als Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Kulturforums östliches Europa die Ausstellung betreut:
„Das Zusammenleben war nicht immer nur friedlich, aber genausowenig nur Ausbeutung und von Hass geprägt, wie es im Nationalismus später oft geschildert wurde.“
Für den Potsdamer Historiker war es schon ein besonderes Gefühl gewesen, die Ausstellung mit einem Mietwagen von Riga nach Liepāja zu fahren.
„Links und rechts der Strecke liegen die Orte, an denen meine Großmutter geboren wurde und aufwuchs. Und in Liepāja habe ich meinen allerersten Vortrag in Lettland gehalten – damals war es aber deutlich wärmer“, lacht er.
Wohin die deutsch-englischen Rollups und die ausgedruckten lettischen Übersetzungen weiterreisen? Das wisse man noch nicht. Egal ob Kirchengemeinde, Kulturverein, Schule oder kommunale Bibliothek: Um das „Adelige Leben“ in Estland und Lettland zu zeigen, müsse man sich nur bei ihm melden.
Und am besten einen PKW haben, um sie abzuholen. Aber dann nicht aus dem weit entfernten Berlin, sondern aus einem anderen Ort in der Nähe. So viel steht fest.
Aktuell gilt: Die Ausstellung wird bis zum 16. Februar in der Dreifaltigkeitskathedrale zu Liepāja zu sehen sein.
Lesen Sie auch:
- Wo bitte liegt Livland? – Kleine Geschichte Estlands und Lettlands
- Warum der Begriff Baltikum in die Irre führt – Von der Ostsee zur Sprache