25 bis 35 Meter
Lettland zieht sich zurück: Küstenerosion in Studie als gewaltige Herausforderung identifiziert
Laut einer neuen Studie des lettischen Zentrums für Umwelt, Geologie und Meteorologie (LVĢMC) könnte sich die Küste des baltischen Landes aufgrund von Erosion schon bis zum Ende dieses Jahrhunderts massiv zurückziehen.
Die Vorhersagen wurden durch die Analyse von Satellitendaten und Szenarien zur Veränderung des Meeresspiegels erstellt. Küstengemeinden, in denen wichtige Infrastrukturobjekte bedroht sind, müssen nun nach Lösungen suchen, die oft schwierig umsetzbar und teuer sind.
Die lettische Küste ist mehr als 500 Kilometer lang, aber seit 2009 wurde keine nationale Überwachung mehr durchgeführt. Da passt es, dass das LVĢMC eine neue Methode zur Prognose von Küstenveränderungen entwickelt und nun in die Forschung eingebracht hat.
Dabei wurden Satellitendaten für den Zeitraum von 2017 bis 2022 sowie Drohnenmessungen verwendet. Das Projekt kam zu dem Schluss, dass es an einigen Stellen auch Landverschiebungen in Richtung Meer gibt, aber hauptsächlich findet Küstenerosion statt.
„Einer der deutlichsten Abschnitte mit Erosion ist der Küstenabschnitt von Pāvilosta bis Ventspils. Am Rigaischen Meerbusen hingegen dominieren eher Akkumulationsprozesse, Erosion tritt hier nur an wenigen Stellen auf“, teilte Viesturs Zandersons, Datenanalyst des Zentrums, diese Woche mit.
Künftige Veränderungen an der Küste wurden auch auf der Grundlage des vorhergesagten Anstiegs des Meeresspiegels modelliert. „Bis zum Jahr 2100 könnte das Meer 25 bis 35 Meter der lettischen Küste einnehmen, was verschiedene Auswirkungen haben wird“, so Zandersons.
Bis Ende des 21. Jahrhunderts steigt der Meeresspiegel um 11 bis 17 Zentimeter
Er führt bei LSM.lv weiter aus: „Zwischen 1961 und 2020 ist der durchschnittliche Meeresspiegel um etwa 1,5 Zentimeter gestiegen, aber bis zum Ende des 21. Jahrhunderts können wir mit einem Anstieg um weitere 11 bis 17 Zentimeter rechnen.“
„Wir werden dadurch nicht alle unter Wasser stehen. Aber es sollte berücksichtigt werden, dass mit dem Anstieg des durchschnittlichen Meeresspiegels auch die Bedrohung durch Küstenstürme zunehmen wird. Die Wellen werden dann immer mehr Land wegspülen“, prognostiziert Zandersons.
Daher werden die Küstengemeinden nun vermehrt aufgerufen, verschiedene Maßnahmen zu ergreifen, um den Grad der Erosion vor Ort zu bestimmen. Zugleich müssen an jedem Ort gefährdete Objekte identifiziert und geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Nicht eingreifen wird demnach vielerorts keine Option mehr sein. Wo Infrastrukturobjekte gefährdet sind, wird es zumindest um minimalinvasive Ansätze wie gezielte Anpflanzungen gehen, um die Befestigung von Uferareal zu fördern.
„Zu diesen Maßnahmen können wir auch die Uferbefestigung zählen, mit der wir in Lettland relativ wenig Erfahrung haben. Ich habe keinen Zweifel, dass auch Baumaßnahmen in Zukunft an vielen Orten, an denen es Probleme mit Küstenerosion gibt, zur Routine werden“, sagt Jānis Lapinskis.
Er ist außerordentlicher Professor an der Fakultät für Geografie und Geowissenschaften der Universität Lettland. „Wahrscheinlich muss der traditionelle Ansatz, wo eine Art Barriere zwischen uns und dem Meer errichtet wird, in Zukunft viel stärker angewandt werden.“