Nachdenkliche Worte
Litauens Regierungschefin: „Es dauert Jahrzehnte, die russische Gesellschaft von der Staatspropaganda zu entgiften“
Worte, die aktuell nicht wirklich Mut machen: „Es wird Jahrzehnte dauern, um das Werk der Staatspropaganda am russischen Volk rückgängig zu machen“, teilte die litauische Regierungschefin Ingrida Šimonytė diese Woche in einem Interview mit.
Im Austausch mit einer US-amerikanischen Denkfabrik sagte sie laut LRT.lt weiter: „Es wird nicht ausreichen, Alexej Nawalny und andere politische Gefangene freizulassen. Ich denke, der Grad der geistigen Vergiftung hat in Russland ein hoch gefährliches Niveau erreicht.“
Zugleich räumte Šimonytė ein, grundsätzlich sehr an guten Beziehungen zu Russland interessiert zu sein, „das sind wir in Litauen auf jeden Fall“. Es gäbe sogar ein großes Potenzial für eine Partnerschaft mit Moskau, wenn denn auch die gleichen Wertmaßstäbe vorhanden wären.
„Nicht nur unser Land, sondern alle Länder der Region und sogar der Welt“, könnten von einer solchen Partnerschaft profitieren, bedauert Šimonytė den kriegerischen Status quo, den Russland mit seinem Angriffskrieg in der Ukraine und unverhohlenen Drohungen gegen u.a. die baltischen Staaten geschaffen hat.
Und der Grund für die Propaganda-Anfälligkeit der russischen Gesellschaft? Laut Šimonytė hätten die Menschen in Russland erst nach 1991 zaghaft begonnen, sich mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen, mit dem Stalinismus, den Gulags und vielen historischen Gräueltaten.
Doch das Ganze sei zum Stillstand gekommen, als die russische Gesellschaft „versuchte, sich in der neuen Wirtschaftswelt zurechtzufinden“. Dies sei auf Kosten der Versöhnung mit der eigenen Vergangenheit geschehen, nach Ansicht von Šimonytė der Ur-Fehler der russischen Gesellschaft.
Am jetzigen Punkt könne man hingegen nur noch in kleinen Schritten zur Verbesserung der Situation in Russland beitragen, ist sich Šimonytė sicher. „Wir tun, was wir können. Wir unterstützen freie Medien, und wir unterstützen politische Gegner, von denen viele hier bei uns leben.“
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