„Spucke ins Gesicht der Stadtbewohner“
Fällung einer Eiche in Vilnius sorgt für einen Skandal
In Vilnius haben Immobilienentwickler eine hundert Jahre alte Eiche gefällt, die in der Mitte des Baugrundes wuchs. Dies hat zu einer heftigen Reaktion unter Einwohnern und Politikern geführt. Der Präsident Litauens, Gitanas Nausėdas, bezeichnete die Tat als „barbarisch“ und als „Spucke ins Gesicht“ der Bewohner der Stadt, schreibt der litauische öffentlich-rechtliche Rundfunk, LRT, auf seiner Website.
Der Baum befand sich auf einem Grundstück in der Rinktines-Straße, die derzeit umgebaut wird. Der Bürgermeister von Vilnius, Valdas Benkunskas, teilte umgehend mit, dass die Stadt keine Fällgenehmigung erteilt habe und der Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben werde.
Benkunskas schrieb am Samstag auf seinem Facebook-Account: „Es ist empörend und bedauerlich, dass die Bauunternehmer im Zentrum von Vilnius heute eine jahrhundertealte Eiche gefällt haben, als ob sie nichts wäre. Sie hatten keine Genehmigung. Das ist also nichts anderes als einfacher Vandalismus und ein Verbrechen gegen die Bürger von Vilnius.“
Benkunskas fügte hinzu, dass die Stadt Maßnahmen gegen solche Aktionen ergreifen kann. Eine Möglichkeit ist die Aussetzung von Baugenehmigungen für diejenigen, die glauben, sie stünden über den Regeln und dem Gesetz.
Der Bauträger des Grundstücks, Rinktinės NT, gab später eine Erklärung ab, in der es hieß, der Baum habe das Wasserversorgungsnetz des Grundstücks beschädigt. Entgegen der Auffassung der Stadtverwaltung wurde der Baum begutachtet, und nach dem Gutachten des Baumpflegers ist er nicht einmal hundert Jahre alt, aber seine Wurzeln haben die unterirdischen Wasserleitungen erheblich beschädigt. Der Bauträger fügte hinzu, dass die Fällung der betreffenden Eiche geplant war und er nichts Unerlaubtes getan habe.
Zusätzliches Öl ins Feuer gießt die Tatsache, dass die Architektin des Bauprojekts Gilma Teodora Gylytė ist, die Ehefrau des ehemaligen Bürgermeisters von Vilnius, Remigijus Šimašius.
Die Architektin hat angegeben, dass die Fällung des Baumes in dem von ihr erstellten Plan nicht vorgesehen war, und der Baum sollte das Zentrum und die Achse des neuen Stadtquartiers werde.
„Wir planen seit fast sieben Jahren an diesem Standort, und diese Eiche sollte das Zentrum und die Achse des von uns vorgeschlagenen Stadtviertels sein. Das ist im Hinblick auf unsere Werte völlig inakzeptabel. Es ist sehr bedauerlich und wirklich sehr traurig“, sagte sie nach Angaben von LRT.
Es gibt erste Konsequenzen für den Bauträger Rinktinės NT
Gylytės Firma Do Architects kündigte Anfang der Woche an, den Vertrag mit dem Bauträger Rinktinės NT aufzulösen.
Der Vorfall zwang auch den Präsidenten, sich einzuschalten. Nausėda forderte die Behörden auf, die Fällung der Eiche gründlich zu untersuchen, und forderte die Öffentlichkeit auf, nicht gleichgültig zu bleiben und sich gegen Schurken ohne Gewissen zu wehren.
Mindaugas Pakalnis, der Chefarchitekt der Stadtverwaltung von Vilnius, erklärte gegenüber LRT Radio, dass das Vorgehen des Bauträgers zynisch und vorsätzlich sei und dass es sich bei den Behauptungen über Schäden am Wasserversorgungssystem lediglich um vorgeschützte Gründe handele.
Pakalnis sagte: „In Wirklichkeit wurde der Baum gefällt, weil der Bauträger 40 zusätzliche Parkplätze haben wollte. Dies war einfach eine Möglichkeit, den Hof freizumachen.“
Für den Bauträger wird dieser Vorfall weitreichende Konsequenzen haben. Die erste wurde bereits vom Verband für Immobilienentwicklung (LNTPA) angekündigt.
Nach der Nachricht über die Fällung der Eiche erklärte der LNTPA, dass er die Mitgliedschaft von Rinktinės NT, bzw. deren estnische Muttergesellschaft Kapitel, aussetze, so LRT.
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