Wenige Tage vor NATO-Gipfel in Vilnius
Litauischer Präsident: „Ukraine wird eine Menge bekommen – aber nicht alles, was sie will“
In einem Interview hat Litauens Präsident Gitanas Nausėda diese Woche mitgeteilt, dass die Ukraine im Rahmen des anstehenden NATO-Gipfels in Vilnius mit weiteren substanziellen Hilfsleistungen des Bündnisses rechnen kann.
„Trotz intensiver Diskussionen zwischen den NATO-Partnern wird es auf dem Gipfel gelingen, sich auf Verpflichtungen gegenüber der Ukraine zu einigen, die das Land im Abwehrkampf gegen die russische Invasion nicht enttäuschen werden“, sagte Nausėda.
Ein offener Streitpunkt zwischen Kiew und dem Bündnis ist aktuell die Frage nach einer realistischen Beitrittsperspektive der Ukraine in die NATO. So fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, sein Land nach dem Krieg gegen Russland zum Beitritt in die Allianz einzuladen.
Einige NATO-Länder wollen der Ukraine beim Gipfel Sicherheitsgarantien geben
„Ich habe das Gefühl, dass wir uns auf Formulierungen einigen werden, die der Ukraine mehr sagen werden als die Formulierungen, die sonst verwendet werden“, sieht Nausėda in dieser ohne jeden Zweifel heiklen Angelegenheit mögliche Bewegung im Bündnis.
Immerhin: Nach Angaben des litauischen Staatschefs werden sich einige NATO-Länder in Vilnius dazu verpflichten, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben. Auch habe man sich bereits auf die Einrichtung eines NATO-Ukraine-Rates geeinigt, um die Integration Kiews in das Bündnis zu stärken.
Zugleich müsse Selenskyi aber damit rechnen, beim Gipfel nicht alle seine Maximalforderungen erfüllt zu bekommen. „Es wird auch keine Minimalagenda geben“, ist sich Nauseda sicher, „aber ich möchte nicht zu weit vorgreifen.“
Für die mitunter etwas ruppige Ungeduld Selenskyjs zeigte Nauseda hingegen größtes Verständnis. „Wir haben keine Zeit für emotionale Kontrolle inmitten eines laufenden Krieges, wenn jeden Tag, jede Stunde, jede Minute Menschen sterben.“
Nauseda fordert für sein Land bodengestützte Luftabwehrsysteme
Auch mit Blick auf die Sicherheitslage im eigenen Land wird Nauseda deutlich – Stichwort: Stationierung von bodengestützten Luftabwehrsystemen. „Jeder versteht, dass Luftüberwachung in Friedenszeiten völlig ausreichend ist.“
Und weiter: „Aber wir müssen uns auch auf etwas andere Szenarien vorbereiten, auf Provokationen oder was auch immer, dafür brauchen wir Luftverteidigung.“ Zwar sei die dauerhafte Verfügbarkeit solcher Systeme aktuell nicht gegeben, ein rotierendes Modell könne laut Nauseda aber ähnlich ausreichenden Schutz bieten.
Auch auf akute Bedenken zur Sicherung des Suwalki-Korridors (lediglich 70 Kilometer breiter Landstreifen zwischen Russlands Exklave Kaliningrad und Weißrussland) und der Gefahr illegaler Einwanderungen von Wagner-Söldnern nach Litauen äußert sich Nauseda eindeutig.
Das komplette Interview bei LRT.lt vom Mittwoch liegt in englischer Sprache unter folgendem Link vor.
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