Premierminister oihne Fingerspitzengefühl
Zweite Protestkundgebung gegen Litauens Regierungskoalition mit Antisemiten
Ende Oktober fand die zweite Runde der Parlamentswahlen in Litauen statt. Die Litauer wollten einen Regierungswechsel. Und sie bekamen einen, der überhaupt nicht nach ihrem Geschmack ist.
Etwa zweitausend Menschen versammelten sich zu einer zweiten Protestkundgebung gegen die Regierungsbeteiligung der Partei Morgenröte von Nemunas, deren Vorsitzender wegen Antisemitismus angeklagt ist.
Die neue Regierungskoalition wird von den Sozialdemokraten angeführt und umfasst die Demokratische Union „Für Litauen“ und die Partei Morgenröte.
Die Einladung der letztgenannten Partei, der Regierung beizutreten, hat in Litauen und im Ausland Kritik hervorgerufen, da der Vorsitzende der Partei wegen antisemitischer Beiträge in sozialen Medien vor Gericht steht.
Der erste Protest, der durch die Einladung der Partei von Remigijus Žemaitaitis in die Koalition ausgelöst wurde, fand letzten Donnerstag vor dem Parlamentsgebäude statt, berichtet das Nachrichtenportal LRT.
Litauischer Premierminister beweist mangelndes Problembewusstsein
Anfang dieses Jahres befasste sich das Verfassungsgericht mit diesen Beiträgen und entschied, dass Žemaitaitis in grober Weise gegen die Verfassung verstoßen hat. Žemaitaitis trat daraufhin aus dem Parlament zurück, um ein Amtsenthebungsverfahren zu vermeiden.
Gintautas Paluckas, der am Donnerstag zum Ministerpräsidenten ernannt wurde, versprach, mit den Demonstranten zu reden und war bei der Kundgebung anwesend. Allerdings habe er die Demonstranten am vergangenen Donnerstag nicht getroffen, so LRT.
Obgleich viele Wähler die Sozialdemokraten gewählt haben, zeigen sie sich davon enttäuscht, dass Paluckas keine Berührungsängste mit einer rechts-populistischen, antisemitischen, homophoben und pro-russischen Partei hat.
„Ich denke, dass es in einer Demokratie wichtig ist, zu zeigen, dass wir unzufrieden sind, sogar diejenigen, die für die Regierenden gestimmt haben“, sagte ein Demonstrant, laut LRT.
Žemaitaitis hat den Vorwurf des Antisemitismus zurückgewiesen und betont, dass er in seinen Beiträgen in den sozialen Medien Israel kritisiert und keinen Hass gegen das jüdische Volk geäußert habe.
Im Mai 2023 sorgte Žemaitaitis auf Facebook mit antisemitischen und israelfeindlichen Kommentaren für Empörung. Er behauptete unter anderem, „die Juden und Russen“ hätten während des Zweiten Weltkriegs ethnische Litauer unterdrückt und seien für das Massaker im Dorf Pirčiupiai 1944 verantwortlich.
Diese Äußerungen stießen auf scharfe Kritik seitens litauischer Politiker, der jüdischen Gemeinde Litauens sowie zahlreicher Botschafter im Land. Die Generalstaatsanwaltschaft leitete daraufhin eine Untersuchung ein. Am 19. Mai 2023 schloss die Partei Freiheit und Gerechtigkeit Žemaitaitis aufgrund seiner antisemitischen Aussagen aus.
Remigijus Žemaitaitis kündigte die Gründung einer politischen Partei unter dem Namen Morgenröte von Nemunas (Nemuno aušra) an. Kaum ein Jahr nach der Gründung ist sie Juniorpartner in der Regierungskoalition.