Unternehmen stellt Produktion ein
Polen verhindert Lieferung von Desinfektionsmitteln nach Norwegen
Polen hindert einen norwegischen Hersteller daran, Desinfektionsmittel nach Norwegen zu exportieren, und verlangt, dass das Unternehmen die Produkte stattdessen zur Verwendung in polnischen Krankenhäusern entsendet. Das berichten verschiedene Medien in Norwegen übereinstimmend.
Das norwegische Unternehmen Norenco produziert und verpackt Händedesinfektionsmittel für den skandinavischen Markt in einer Fabrik in Polen über sein regionales Joint Venture Norenco Polska.
Ende letzter Woche wurden die Exporte jedoch abrupt eingestellt.
Arne Haukland, der Geschäftsführer von Norenco, sagte gegenüber dem Nachrichtenportal The Local Norway, dass nach Beantragung einer Exportlizenz fünf Männer in die Fabrik kamen und die Sichtung ihres Bestandes an Händedesinfektionsmitteln verlangten.
„Ich hatte nicht erwartet, dass sie so militärisch auftreten würden – zwei von ihnen hatten sogar Waffen dabei“, sagte Haukland gegenüber The Local. „Es gab einen Mann vom Finanzamt, einen vom Zoll und auch von der Sicherheitspolizei.“
Im Anschluss an diesen Besuch habe das Unternehmen einen Brief erhalten, in dem es aufgefordert wurde, jedes von ihm hergestellte Desinfektionsmittel zu einem festen Preis an die örtlichen Behörden in Lubin zu verkaufen, gemäß den Anfang März in Polen verabschiedeten Notstands-Gesetzen im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie.
Die Beschlagnahmung der für Norwegen vorbereiteten Ware wird das Versorgungsproblem der norwegischen Krankenhäuser verschärfen. Ursprünglich hatte Norenco Polska geplant, zwei LKW-Ladungen pro Woche nach Norwegen zu exportieren, die jeweils 20.000 Ein-Liter-Flaschen Händedesinfektionsmittel enthielten.
Nach Angaben des norwegischen Senders NRK, habe der Sender mehrmals versucht, den Gouverneur des Landkreises Lublin bezüglich dieses Vorfalls zu kontaktieren, aber keine Antwort erhalten.
Die polnische Botschaft in Oslo antwortete in einer E-Mail, dass das EU-Recht generell Exportbeschränkungen in Fragen der öffentlichen Gesundheit zulässt, berichtet der Sender.
In Norwegen arbeiten derzeit das Ministerium für Gesundheit und Pflege und das Außenministerium an der Angelegenheit, heißt es im Artikel des NRK.
„Das Außenministerium ist sich der Angelegenheit bewusst, und wir stehen im Dialog mit den polnischen Behörden, um die Situation zu klären“, sagte Pressesprecherin Siri R. Svendsen vom Außenministerium gegenüber dem norwegischen Sender.
Norwegen ist an der Reihe
Haukland sagt, er verstehe, dass Polen Desinfektionsmittel für seine Bürger brauche, aber jetzt sei Norwegen an der Reihe.
„Wir haben 120.000 Liter für Apotheken und Krankenhäuser in Polen geliefert und halten es für fair, dass nun Norwegen an der Reihe ist, die Waren zu erhalten.“, so Haukland gegenüber NRK.
Er fügte hinzu, dass Norenco jetzt seine polnische Fabrik geschlossen habe und nichts auf Lager hätte, um es an polnische Krankenhäuser zu liefern.
Dag Sørlie Lund von der Anwaltskanzlei Hjort erklärte gegenüber NRK, dass die polnische Regierung wahrscheinlich gegen EWR-Vorschriften verstoßen habe, indem es das Produkt beschlagnahmte. Doch er räumt auch ein, dass Länder aus Gründen der öffentlichen Gesundheit Exportverbote verhängen dürfen.
Lund glaubt nicht, dass Norenco als Unternehmen etwas gegen das Exportverbot ausrichten könne. Aber dieses könnte später eine Grundlage für Schadensersatzansprüche sein.
Vor einigen Tagen soll Polen eine Lieferung aus China für Italien beschlagnahmt haben, die als Hilfslieferung deklariert gewesen sei. Dieser Transport habe 23.000 Masken enthalten. Polnische Behörden dementierten den Vorfall jedoch.
ap