Rückgang um 53 % – aber warum?
Norwegen: Putins Krieg erschwert Zählung der Bärenpopulation massiv
Bereits seit 2005 überwacht die Forschungsstation NIBIO Svanhovd die Population der Braunbären im entlegenen Grenzgebiet zwischen Norwegen, Finnland und Russland hoch im Norden Europas. Dann kam Putins Angriff auf die Ukraine, und alles wurde anders. Selbst in der Bärenbeobachtung.
Im Trilateralen Park Pasvik-Enare wurden in der Vergangenheit immer wieder systematische Erhebungen zum Bestand der Tiere durchgeführt. Ausgehend von 2007 alle vier Jahre, also 2011, 2015, 2019 und 2023.
Zur Untersuchung wurden ursprünglich in Norwegen, Finnland und Russland in einem Raster von 5 mal 5 Kilometern sogenannte Haarfallen mit Duftstoffen aufgestellt. Das gesamte Untersuchungsgebiet umfasste etwa 1.400 Quadratkilometer.
„Aufgrund der geopolitischen Lage wurden im Jahr 2023 keine Proben aus Russland entnommen“, teilte nun Laborleiterin Ida Marie Bardalen Fløystad vom NIBIO Svanhovd mit.
Aus diesem Grund konnte die letztjährige Bärenstudie nur in einem Gebiet von 1.075 Quadratkilometern in Pasvik (Norwegen) und Inari (Finnland) durchgeführt werden. Es wurden insgesamt 43 Fallen aufgestellt, im Vergleich zu 56 Fallen im Vorjahr.
Das hat natürlich Auswirkungen auf die Aussagequalität der gesammelten Daten. Fløystad betont: „Die Ergebnisse sind leider nicht mit denen der Vorjahre vergleichbar, weil das Untersuchungsgebiet schlichtweg nicht dasselbe ist.“
Die Zahl der 2023 entdeckten Bären war 53 Prozent niedriger als 2019
Die Quittung für die Wissenschaftler kam prompt: „Die Zahl der 2023 entdeckten Bären war 53 Prozent niedriger als 2019. Und das, obwohl das Untersuchungsgebiet nur 26 Prozent kleiner war als in den Vorjahren“, sagt die Forscherin.
Daraus resultiert die – ohne Kooperation mit Russland wohl nicht zu klärende Frage –, ob der Effekt auf eine insgesamt geringere Bärenaktivität in den überwachten Gebieten, einen Rückgang der Population oder ein verändertes Wanderungsvergalten der Tiere zurückzuführen ist.
Als Reinergebnis konnte im Sommer 2023 im Untersuchungsgebiet die DNA von lediglich 22 Tieren nachgewiesen werden. 2019 waren es in demselben Gebiet noch insgesamt 34 Bären. 20 davon in Finnland und 14 Bären in Norwegen.
Ida Marie Bardalen Fløystad führt aus: „71 der Haarproben erwiesen sich als von Bären stammend, für 63 konnte ein vollständiges DNA-Profil bestimmt werden, das zu 22 Individuen passte.“
Von den 22 Bären waren 12 bereits aus den früheren Erhebungen bekannt. 10 hingegen waren gänzlich unbekannt bzw. konnten bei früheren Erhebungen nicht entdeckt werden, was ja auch immer möglich ist. Viele Fragezeichen in der Bärenforschung also, bloß weil Putin…
Hintergrund: Bei der Methode der Haarfallen hinterlassen Bären „Haarproben“, die sich beim Betreten und Verlassen der abgesteckten Areale in einem Draht verfangen. Effektiv und einfach, jedenfalls in Friedenszeiten.