Rezept für das perfekte Verkehrschaos
Norwegen: Wer dachte, der Wintereinbruch sei nur vorübergehend, wird enttäuscht sein
Am Montag zog der Winter in Ostnorwegen ein. Am Donnerstag wird in der Region noch mehr Schnee fallen, wie der norwegische Rundfunks NRK berichtet. Wer erwartet hat, dass das Verkehrschaos der vergangenen zwei Tage beendet sei, wird enttäuscht sein.
Das Wetter überraschte so viele Verkehsrteilnehmer, dass die Schnellstraße E18 wegen der vielen Lastwagen und Autos, die im Schnee Probleme hatten, gesperrt werden musste. Die Norwegische Volkshilfe (Norsk Folkehjelp) reagierte und verteilte Wasser, Lebensmittel und warme Decken an Autofahrer, die in ihren Fahrzeugen festsaßen.
Am Dienstagmorgen war die Situation geklärt, und die Europastraße wieder geöffnet. Für Dienstag und Mittwoch war glücklicherweise ruhigeres Wetter angesagt.
Glätte erwartet
Das Norwegische Meteorologische Institut bittet die Menschen jedoch, sich auf noch mehr Schnee in den kommenden Tagen einzustellen.
„Am Donnerstag werden Sie in Ostnorwegen mit weiteren Schneefällen aufwachen. Dieser Niederschlag kann aber auch in Regen übergehen, der am Boden gefriert“, sagt Meteorologe Terje Alsvik Walløe vom Norwegischen Meteorologischen Institut gegenüber NRK.
Aber auch in Südnorwegen könnte der Schnee, der am Mittwochabend fällt, am Donnerstag in Regen übergehen, so der Wettermann.
Viele Norweger zögern zu lange mit Reifenwechsel
Einer kürzlich durchgeführten Umfrage zufolge, gaben 16 Prozent der Autobesitzer an, dass sie den Wechsel auf Winterreifen in den letzten fünf Jahren einmal oder öfter aufgeschoben haben, so dass das Auto entweder stehen bleiben musste oder sie mit Sommerreifen auf winterlichen Straßen fahren mussten. Das entspricht fast 600.000 Norwegern, die den Winter nicht haben kommen sehen.
Die Ergebnisse der im Auftrag der norwegischen Versicherung Fremtind durchgeführten Umfrage wurden heute veröffentlicht.
„Bei mehreren der Autounfälle, die wir beim ersten Schneefall verzeichnen, sehen wir, dass der Fahrer die Möglichkeit hatte, sich besser vorzubereiten, um Schäden zu vermeiden“, sagt Therese Hofstad-Nielsen, Beauftragte für Schadenverhütung bei Fremtind.
In der südnorwegischen Provinz Agder berichten 39 Prozent der Autofahrer, dass sie den Reifenwechsel bis zuletzt aufschieben.
Rezept für das perfekte Verkehrschaos: Man nehme sommerbereifte Autos auf der Straße und lasse es schneien
„Der Bremsweg auf Schnee verlängert sich drastisch, wenn man nicht auf Winterreifen unterwegs ist. Bei einer Geschwindigkeit von 40 Stundenkilometern beträgt der Bremsweg 60 Meter, während er mit Winterreifen nur 30 Meter beträgt“, sagt Hofstad-Nielsen.
Am Montag wurden rund 350 Schadensmeldungen registriert, sagt der Versicherer, und es handelte sich überwiegend um Bergungsfälle, Zusammenstöße und Rutschpartien, weil einige der Autofahrer mit Sommerreifen unterwegs waren. – Es entstanden sowohl Sach- als auch Personenschäden.
Autofahrer, die ohne angemessene Bereifung unterwegs sind, riskierten außerdem eine Anzeige, so Hofstad-Nielsen.
15 Verkehrstote allein im Oktober
Nach mehreren Jahren des Rückgangs der Zahl der Verkehrstoten in Norwegen gibt es in den letzten beiden Jahren leider einen Anstieg zu verzeichnen. In diesem Jahr sind bisher 111 Menschen ums Leben gekommen, während es im gleichen Zeitraum des Vorjahres 95 waren.
Der norwegische Straßen- und Verkehrsverein Trygg Trafikk (TT) prangert in seiner heutigen Pressemitteilung an, dass es fast 50 Prozent mehr Verkehrstote unter den Auto- und Beifahrern gebe als im Jahr zuvor.
„Verkehrstote sind ein ernstes gesellschaftliches Problem, das wir nicht hinnehmen können“, so der TT in der Mitteilung.
Der Verkehrsverein fordert, dass das Tempolimit in mehreren Teilen des Landes gesenkt werde.
„Insbesondere sollten wir prüfen, ob es unfallträchtige Straßenabschnitte mit 80 km/h gibt, die auf 70 km/h reduziert werden sollten. Dasselbe gilt für 50-km/h-Zonen, in denen es viele Radfahrer und Fußgänger gibt, aber auch viel Autoverkehr. In vielen Fällen wäre ein Tempolimit von 30 oder 40 km/h sicherer. Dies muss mit Kontrollen und Überwachung einhergehen“, sagt Tanja Loftsgarden, technische Direktorin bei Trygg Trafikk.
Gesetzlich vorgeschriebene und sichere Geschwindigkeit dürften nicht miteinander verwechselt werden, so Loftsgarden weiter.
„Aufgrund der Wetter-, Straßen- und Verkehrsverhältnisse müssen wir oft langsamer als die zulässige Geschwindigkeit fahren. Das ist jetzt besonders wichtig, da sich die Straßenverhältnisse verschlechtern“, sagt Loftsgarden.
Laut der Statistik des Verkehrsvereins sind 73 Prozent der Verkehrstoten männlich.
Weitere Wetteraussichten: Der Schnee geht in Regen über
Dann gibt es noch die Menschen, die sich auf Schnee und Winter freuen – auch sie werden enttäuscht sein. Der Meteorologe Terje Alsvik Walløe sagt voraus, dass das milde Wetter, das am Donnerstagnachmittag eintreffen werde, den Schnee im Flachland in Regen verwandeln werde.
„Ich denke, dass es an diesem Wochenende grau, nass und mild sein wird. Die Plusgrade werden zurückkehren“, sagt Walløe.
Schönes Wetter im Norden
Von der Mitte Norwegens an bis zum Norden war das Wetter in den letzten Tagen sonnig und kalt. Dieses Wetter wird noch ein paar Tage anhalten.
„Es wird ein kalter Wind wehen, aber in Trøndelag wird es keine nennenswerten Niederschläge geben. Dort kann es zu Beginn des Tages leichten Schneefall geben“, sagt Walløe.
Auch in Nordnorwegen wird in den nächsten Tagen ruhiges Wetter erwartet.
„Im Norden gibt es so gut wie keinen Niederschlag. An der Küste der Finnmark kann es einige Schauer geben, aber insgesamt herrscht in Nordnorwegen ruhiges Wetter.“