Die besten Rezepte der estnischen Küche
Apfel-Baiser-Torte aus Estland – Rezept
Wenn man einmal nach Estland reist, ist es leicht, für das kleine Volk dort oben im Norden Europas Feuer zu fangen. Geographisch zum Baltikum zählend, kulturell jedoch den Finnen nicht nur sprachlich näher, war der Wunsch in mir schnell groß, mehr über dieses Land zu erfahren.
Wo man literarisch noch zumindest etliche Werke aus oder über Estland auf deutsch lesen kann, erschöpfen sich Reiseführer und Back- und Kochbücher jedoch schnell. Meist wird Estland kulinarisch in einem Zug mit seinen baltischen Nachbarn genannt und auf eine Mischung aus Sauerkraut, Blutwurst und Kartoffeln reduziert. Und mindestens dieser Blick wird dem Land und seiner Küche nicht gerecht.
Im Vorfeld der Hundertjahrfeier Estlands im vergangenen Jahr wurde in den Jahren 2016 und 2017 der Wettbewerb um das neue estnische Nationalgericht ausgerufen. Es gab viele Einsendungen von Blogs und Privatpersonen. Und so viel sei verraten: das nun offiziell erkorene neue Nationalgericht ist ein karamellisierter Sanddornflammeri. Die bemerkenswertesten Beiträge sind im Zuge des Wettbewerbs in Estland in einem Kochbuch erschienen, das ich mir vergangenen Sommer vor Ort gekauft habe: „Tänapäevane Eesti Köök“ (zu dt. etwa „Moderne Estnische Küche“).
Inzwischen ist ein Teil dieser Rezepte auch auf deutsch erschienen, übersetzt aus der zuvor auf englisch herausgebrachten Ausgabe. Darin findet man die 40 Finalisten des Wettbewerbs, die einen Streifzug durch die moderne Interpretation der estnischen Küche bieten.
Vom Sprottensalat über Gerstenrisotto bis zu Kama-Quark-Souffles ist alles dabei, was der Este begehrt. Die Küche ist dabei saisonal, schlicht und exotisch zugleich. An der ein oder anderen Stelle leidet die deutsche Version darunter, dass die Rezepte zuerst ins Englische und dann ins Deutsche übersetzt worden sind. Und scheinbar niemand die Texte auf Plausibilität geprüft hat. Dennoch bildet das Kochbuch, als einziges auf dem deutschsprachigen Markt, die modernen Strömungen in der estnischen Kochkultur ab.
Ein besonderes Highlight für alle Estlandfans findet sich gleich zu Beginn: ein Rezept, wie man eine Kama-Mehlmischung zuhause selbst herstellt. Dieses Mehl aus gerösteten Getreide-, Erbsen- und Bohnensorten ist eines der nationalen Esskulturheiligtümern. Man erhält es in Estland in jedem Supermarkt, in Deutschland hingegen müsste man es über die amerikanische Seite von Amazon bestellen und über die halbe Welt einfliegen lassen.
Der Praxistest: Apfel-Baiser-Torte nach Rezept aus dem Kochbuch
Mein erstes Rezept, das ich aus „Estnische Küche“ nachgebacken habe, ist eine Apfel-Baiser-Torte. Eine Mischung aus einem dünnen Vollkornboden mit ganz viel cremiger Apfelfüllung und Baiserhaube. Beim Essen zum Kaffee dachte ich, wenn ich je eine Großmutter gehabt hätte, dann hätte sie so einen Kuchen backen müssen.
Im Rezept wird der Boden zuerst blind gebacken. Hierfür braucht man getrocknete Hülsenfrüchte (Erbsen zum Beispiel). Diese kann man danach in einem Gefäß aufbewahren und noch mehrfach für das Blindbacken verwenden. Da ich recht häufig Tartes und andere Mürbteigböden blind vorbacke, habe ich mir vor einigen Jahren Blindbackkugeln aus Keramik gekauft. Diese gibt es in gut sortierten Haushaltswarenläden oder im Internet zu kaufen. Bei den Zutaten für den Teig kommen 10g Weizenkleie vor. Falls man eh Kleie zuhause hat, kann man jede beliebige Sorte verwenden. Wer keine Kleie vorrätig hat, kann sie auch weglassen und stattdessen die Mehlmenge um 10g erhöhen.
Zutaten für eine 26er Springform
Für den Teig
100 g Vollkornmehl
80 g Mehl
10 g Weizenkleie
40 g Zucker
1/2 TL Salz
95 g kalte Butter, gewürfelt
1 Ei
2 EL kaltes Wasser
Für die Füllung
800 g Äpfel, geschält und entkernt gewogen
250 ml + 50 ml Wasser
30 g Zucker
Zitronenabrieb von 1 Zitrone
50 ml Zitronensaft
30 g Stärke
3 Eigelb
1 TL Zimt
½ TL gemahlener Ingwer
50 g gemahlene Mandeln
Für die Baiserhaube
3 Eiweiß
1 Prise Salz
100 g Puderzucker
Zubereitung:
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Für den Teig alle Zutaten miteinander verkneten und ihn anschließend abgedeckt mindestens 30 Minuten in den Kühlschrank stellen.
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Die geschälten, entkernten Äpfel in Würfel schneiden und zusammen mit 250 ml Wasser, Zucker und Zitronenabrieb bei mittlerer Hitze 15 Minuten köcheln lassen. Ab und zu umrühren.
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In einer Schüssel Zitronensaft, Stärke und 50 ml Wasser miteinander verrühren bis keine Klumpen mehr vorhanden sind. Die Stärkemischung vorsichtig unter ständigem Rühren zu den Äpfeln gießen. Wenn die Apfelmasse eindickt, den Topf vom Herd ziehen und Eigelbe, Zimt, Ingwer und Mandeln unterrühren. Anschließend abkühlen lassen.
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Den Backofen auf 200°C Ober- und Unterhitze vorheizen.
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In einer Rührschüssel Eiweiß und Salz steif schlagen, bis er ganz fest ist. Dann unter rühren löffelweise den Puderzucker dazugeben bis alles zu festem, glänzenden Eischnee verarbeitet worden ist.
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Den Teig aus dem Kühlschrank nehmen und in eine Springform drücken, dabei an der Seite einen Rand hochziehen. Anschließend Backpapier auf den Boden legen und die Form mit getrockneten Erbsen füllen. Für 12 Minuten im vorgeheizten Ofen backen. Anschließend Erbsen und Backpapier entfernen und den Boden nochmals für 3-5 Minuten im Ofen backen. Wenn die Ränder leicht gebräunt sind, die Form aus dem Ofen nehmen.
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Auf den vorgebackenen Boden die Apfelcreme geben und glatt streichen. Anschließend das Baiser auf den Kuchen geben und ebenfalls halbwegs glatt streichen. Die Torte sieht hübscher aus, wenn die Baiserhaube die ein oder andere Unebenheit hat. Den Kuchen nochmals für etwa 10 Minuten backen bis das Baiser goldbraun wird. Danach die Apfeltorte auf Zimmertemperatur abkühlen lassen und vor dem Servieren für mindestens drei Stunden im Kühlschrank kühl stellen.
Gebundenes Buch 128 Seiten 16,90 Euro Leopold Stocker Verlag |
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Schlimme Helena
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