Reisetagebuch Schottland, Tag 1
Aus dem Leben eines Tourguides: Rund um Inverness
Andreas Prodehl, Tourguide bei »Tours and Stories, Autor von »Schottland? Echt jetzt?«, einem Reiseführer mit Geschichten und Berichten rund um Schottland, erzählt hier von seiner Erfahrung als Fremdenführer für deutschsprachige Touristen im Sehnsuchtsland Schottland.
Erster Tag, Anreise
Der erste Tag ist immer eine spannende Sache. Was für eine Sorte Mensch kommt da auf einen zu? Ist es eine homogene Gruppe, ist das Gepäck mitgekommen (vollständig), sind die Gäste gut drauf? Die Fragenliste, die man sich vorab macht, kann beliebig verlängert werden.
Der Tag beginnt immer am Airport. Flughäfen sind alle gleich. Jede Menge Menschen, es geht zu wie auf einem Ameisenbahnhof, die Menschen sind in der Regel hektisch und die Cafés viel zu teuer, aber unvermeidbar, wenn man das Handy laden oder etwas schreiben möchte und nicht auf dem dreckigen Boden sitzen will. Auch in Edinburgh ist das natürlich so und ebenso natürlich hat das Flugzeug eine ordentliche Verspätung von zwei Stunden.
Ich habe einen Platz mit Tisch ergattert und bearbeite meine Tastatur. Diese Art zu arbeiten bin ich gewohnt und inzwischen in der Lage, die Hektik um mich herum auszublenden. Den vielen Kaffee allerdings kann ich nicht so einfach ausblenden, und so versuche ich, meine aufkommende innere Unruhe irgendwie in den Griff zu bekommen (Koffein und ich, wir beide gemeinsam sind eine ungesunde Mischung für meine Umwelt), als irgendwann auf der gut einsehbaren Anzeigentafel die Info »Bags in the hall« auftaucht.
Ein untrügliches Zeichen für den Guide sich zum Arrival Gate zu begeben. Dass in Zeiten erhöhten Flugverkehrs Gäste sich auf mehrere Flüge und somit auch auf verschiedene Ankunftsgates verteilen, verschweige ich hier großzügig, ebenso die unverrückbare Tatsache, dass die einem Anvertrauten immer alle gleichzeitig ankommen und die Gates ca. 400 Meter auseinanderliegen. Solltet Ihr nun Bilder eines hektisch umherspringenden Guides im Kopf haben – die Bilder sind korrekt, nur ist die Realität viel schlimmer.
Eigentlich mag ich die Minuten des Wartens am Gate sehr gerne. Es gibt viel Schönes zu beobachten: Menschen, die sich in den Arm liegen und ein Wiedersehen feiern, Kinder, die schmerzlich vermisste Elternteile umarmen, jaulende Hunde, die ihre Frauchen schwanzwedelnd begrüßen und viele rührende Szenen mehr.
Und dann kommen sie irgendwann, die Gäste, man schaut in lächelnde, glückliche, aber auch gespannte Gesichter, schüttelt Hände, stellt sich gegenseitig vor und alles fügt sich auf wundersame Weise.
Angekommen.
Ab ins Auto.
Los geht die Fahrt in die Highlands.
In unserem Fall fahren wir, wie im Titel bereits angemerkt, nach Inverness, Capital of the Highlands oder so.
Pubtechnisch stimmt das Attribut, auch die geographische Lage der Stadt ist optimal, als Ausgangspunkt für Sternreisen wie diese. Aber vorher gilt es noch die allseits beliebte A9 zu befahren und damit es uns nicht langweilig wird, unternehmen wir einen Halt in Dalwhinnie, einem reizenden Ort nahe der Wasserscheide in den Highlands.
Irgendwo im Nirgendwo könnte man sagen, wäre da nicht eine berühmte Destille, die wir natürlich frequentieren, was den männlichen Mitgliedern meiner kleinen Reisegruppe ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Nach einem ausgiebigen, vom Guide höchstpersönlich durchgeführten Whisky-Tasting, fahren wir auf der A9 weiter. Drei Stunden Fahrt haben wir hinter uns, als wir am Hotel, welches direkt am River Ness in Inverness liegt, ankommen. Das Hotel wird die nächsten Tage unsere Heimat sein. Die ideale Lage erleichtert das Erobern der umgebenden Pubs und Restaurants, ein Umstand, den wir selbstverständlich auszunutzen gedenken.
Nach dem Inbeschlagnehmen der Zimmer, treffen wir uns auf einen kurzen Walk um den River Ness, mit anschließendem Dinner im Pub. Die Pub- und Restaurantdichte in Inverness sucht seines Gleichen, wir haben uns für MacGregor’s entschieden – eine gute Wahl, wie sich herausstellte.
Fish ’n’ Chips, Burger und Bier – eine lokale Sorte Lager namens Cromarty – mundeten vorzüglich. Als im Anschluss ein Pianist die Kneipe rockt, dass es nur so kracht, waren alle, inklusive Guide, glücklich.
Ich verabschiede mich, während meine Gäste weiter durch die Stadt ziehen. Als Guide gönnt man seinen Schutzbefohlenen (meist volljährig) auch mal eine guidefreie Zeit, besonders wenn man noch auf spezielle, kurzfristig vorgetragene Wünsche eingehen möchte und Buchungen notwendig werden.
Auf dem Weg, zurück zum nahen Hotel, durfte ich die in ukrainischen Farben illuminierte Brücke bewundern. Was haben wir doch für ein Glück, sorgenfrei leben zu können.
Ende Teil 1/4
Teil 2: Aus dem Leben eines Tourguides – Culloden Battlefield und Viaduct
Teil 3: Der schönere Teil von Loch Ness
Unser QUIZ zum Thema SCHOTTLAND