Poems by James Kelly – Edinburgh 1888
Poems written before the Age of Nineteen – Eine schottische Zeitreise
Was für ein Glück für uns, dass ich umziehe und ich all meine Reichtümer und Schätze endlich aus ihrer einsamen Versenkung des Billy Regals hervorhole, abstaube und begutachte. All diese schönen und wertvollen, wenn auch nur aus Liebe wertvoll, Erinnerungen die in Regalen verstauben, alleine und vergessen dahinsiechen.
Ich fand einen Gedichtband meines Ur-Ur-Großvaters. Professionell und akkurat gebunden bei John Menzies aus Glasgow im Jahre 1888. Ich blättere darin so zaghaft, als lösten sich die Seiten einfach auf, würde man à la Laissez-faire umblättern oder zu kraftvoll seufzen.
Eines, vielleicht auch zwei, teile ich mit Euch
Scotland
For all the world I would not barter thee!
The patriot’s spirit fires thy manhood yet
As when in phalanx deep thy spears were set,
And tides of valour swept thee like a sea.
My Fatherland, auld Scotland, long hast thou,
Clung like a crescent on the ocean’s brow,
And westward far thy light has flashed along,
And love of freedom, to New Zealand’s shore,
The Larës of our sires, the good and brave,
Are everywhere, and calling from the grave,
When men run riot, and their cannons roar
From sea to sea, they bid us strike for right –
Love God, our country, peace, and honour bright!
Wie gerne ich mir hier James Kelly, in seinen Knickerbockers vorstelle. Wie er vielleicht in Princes Street Gardens saß auf das Schloß blickte, ein paar Eichhörnchen hektisch durch den Garten hopsten und im Hintergrund die Pferdehufe auf den Pflasterstein klackerten und die One O’Clock Gun pünktlich losfeuerte (ein historisches Zeitsignal, um den Seefahrern eine exakte Zeitvorgabe zu geben, damit sie ihre Chronometer justierten), während er sein Herz in diese Zeilen steckte.
Dieser Stolz, von dem ich so oft schrieb, ist hier deutlich wieder zu erkennen. Man kann den Wind fühlen, wie er die Liebe und den Stolz trägt. In Anbetracht dieses und vieler anderer Gedichte über Schottland, kann man nur erahnen, welch tragische Romantik oder romantische Tragik dem Schotten widerfahren sein muss.
Voller Ehrfurcht blättere ich weiter in der Rubrik:
Poems written before the age of Nineteen
Love, I dreamt of thee
I dreamt, in wildwood lone, we dwelt,
Around our cabin door
In clusters crept a fairy flower
All des bespangled o’er.
Chaste as the moisture of an eye
Where dewdrops sparkling lay
Upon the blooms, like beams of love,
I saw the sunlight play.
Yet worshipped I thy bright blue eyes
Whence love-beams ever dart,
O! thou wert near, to love me still,
Thou sunbeam of my heart.
I dreamt we walked in gardens rare,
Where in perfection grew
The fruits and flowers of sunny climes,
Expanding to the view.
I saw nor bloom, nor fruited spray
In all their splendor vie,
The roses blooming on thy cheeks
Took my admiring eye,
When thou wert near, what could I love,
Or beauty else could see –
The grace and charm of thy dear face
Were paradise to me.
I dreamt we roamed in exile sad,
On some forsaken shore;
Though tossed in storms of wild despair,
You fondly loved me more.
You smoothed my pillow, tear-bedewed,
And soothed my aching breast –
You seemed an angel from above,
To calm my wild unrest.
Then courted I thy mellow voice,
Though bulbul charmed the isle –
O! thou wert there, to love me still,
And bless me with thy smile.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, der letzte Absatz ist ein Killer. Von wem auch immer mein Ur-Ur-Großvater gesprochen haben muss, sie muss ein richtig heißer Feger gewesen sein. Eine Lady, eine wahrhaftige Lady mit der Wärme, die nur aus Güte entstehen kann und mit einer Liebe, die nur erwidert werden muss, um sich blühend entfalten zu können.
Und all das konnte er, bevor er 19 wurde, so leidenschaftlich zusammenfassen. Voller Demut stelle ich fest, früher muss, wenn nicht alles, doch vieles besser gewesen sein.
Bei der Beerdigung meines Großvaters las meine Mutter aus diesem Buch. Das ist 18 Jahre her und seitdem war es nur ein Stück in einem Bücherregal. Ich werde darin noch ein paar Tage schmökern, und irgendwann wieder ins Regal stellen. Aber diesmal weit vorne, sodass ich es sehe und weitere Tage darin blättern und schmökern werde, bis vielleicht eines meiner Kinder irgendwann an dem Regal vorbei geht, darin blättert und schmökert und es dann wieder ins Regal stellt. Aber eben weit vorne.
Text und Bilder von Nicola
Über die Autorin Nicola, aufgewachsen in Edinburgh und München, studierte Schottische Geschichte und arbeitete bei The Witchery Tours als offizielle Geschichtenerzählerin und Erschreckerin (als erste und einzige Frau), wo sie viele Touristen in Angst und schreckliches Vergnügen versetzte. Ihre Familie ist weiterhin in Edinburgh und erschrickt sich nicht mehr. |