Sorge vor männlichen Übergriffen
Schottland: Verkehrsministerin eröffnet Debatte über Zugabteile nur für Frauen
Es ist schon bitter, dass man sich knietief im 21. Jahrhundert die Frage stellen muss, ob öffentliche Verkehrsmittel für Frauen ein sicherer Ort sind. In Schottland etwa werden mögliche Schritte zur Verbesserung des weiblichen Sicherheitsempfindens in Bus und Bahn gerade heiß diskutiert.
Angestoßen wurde diese wichtige Debatte von keiner Geringeren als Verkehrsministerin Jenny Gilruth, die sich letzte Woche in einer parlamentarischen Aussprache zur Zukunft des Bahnfahrens mit bemerkenswerter Offenheit äußerte.
Sie selbst habe schon die Erfahrung gemacht, aus Sorge vor grölenden Männergruppen nicht in einen Zug eingestiegen zu sein. „Ich teile auch die Erfahrung, mich in Zügen schon das ein oder andere Mal unsicher gefühlt zu haben“, teilte Gilruth mit.
Seither stellt sich in Schottland sehr konkret die Frage, was getan werden kann, um das Bahnfahren für Frauen von Grund auf sicherer zu machen. Und ihnen die Sorge zu nehmen vor all dem, was da an der nächsten oder übernächsten Station zusteigen könnte. Oder bereits im Zug sitzt.
Gilruth dazu: „Ich möchte, dass unsere Eisenbahnen für alle sichere Orte sind. Wir müssen nun als Regierung herausfinden, wo und wann sich Frauen in unseren öffentlichen Verkehrssystemen unsicher fühlen. Vor allem müssen wir herausfinden, wie sich das Problem lösen lässt.“
„Von klein auf beigebracht, solches Fehlverhalten zu tolerieren“
Eine Option, die in den britischen Medien seither kontrovers diskutiert wird, sind Zugabteile mit Zutritt nur für Frauen. Damit sind zwar keine Probleme gelöst, die am Bahnsteig auftreten können – aber im Zug selbst wäre Klarheit geschaffen. Gut, dass das mal alles auf den Tisch kommt.
In einem BBC-Beitrag wurden weitere Stimmen zu dem Thema gesammelt, die den politischen Handlungsdruck klar verdeutlichen. Eine davon lautet: „Ich habe im Zug immer mein Telefon in der Hand, um jemanden anrufen zu können – und in der anderen Hand meine Schlüssel. Ich glaube, auf dieses Verhalten sind heute viele Frauen trainiert.“
Die Rede ist dann auch hier von grölenden Männergruppen und Fußballfans, für die anstößige Bemerkungen etwas ganz Normales sei. „Ich denke, man hat uns von klein auf beigebracht, solches Fehlverhalten zu tolerieren“, lautet die ziemlich bittere Erkenntnis der zitierten Youtuberin.
Auch eine Frauenrechtsaktivistin kommt zu Wort. Sie sagt, sie kenne „das Gefühl nur zu gut, vielfach nachts voller Anspannung und Sorge mit dem Zug nach Hause gefahren zu sein.“ Das müsse unbedingt angegangen werden.
Für sie selbst sei leider der Punkt erreicht, an dem sie nachts nicht mehr Bahn fahren könne. „Denn ich habe irgendwann registriert, dass ich fast damit rechne, belästigt zu werden.“ Daher sei sie klar für die Idee reiner Frauenwaggons. „Selbst wenn es nur einer Handvoll Frauen hilft, sich im Zug sicherer zu fühlen, wäre es das wert.“
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