Glücksfall nach jahrzehntelanger Suche
Schottland: Verschollen geglaubtes Römer-Kastell auf Feld am „Antoniuswall“ gefunden
Welch ein Segen digitale Technologien für die Archäologie sein können, zeigt sich am Beispiel eines römischen Kastells, das ein Expertenteam von Historic Environment Scotland (HES) vor wenigen Tagen auf einem Feld in Duntocher bei Clydebank gefunden hat.
Bild 1: Modell: So in etwa dürfte das Kastell einst ausgesehen haben – Platz für 10 bis 12 Soldaten. (Historic Environment Scotland / HES)
Bild 2: Digitaler Blick ins Erdreich: Gefunden wurde die Anlage mithilfe von Gradiometrie, einer geophysikalischen Vermessungstechnik. (Historic Environment Scotland / HES)
Bild 3: Auf diesem unscheinbaren Acker bei Clydebank wurden die Fundamente des Kastells entdeckt. (Historic Environment Scotland / HES)
Bild 4: Zeitgenössischer Ausschnitt des Antoniswalls bei Bar Hill. (Chris Wimbush / CC BY-SA 2.0)
Dass es das Kastell dort irgendwo gab, war schottischen Archäologen bereits vor Jahrzehnten bewusst. Nur scheiterten eben alle Versuche, das rund 1.900 Jahre alte Bauwerk zu finden. Vor allem in den 1970er und 1980er Jahren biss man sich an dem Projekt die Zähne aus.
Wie HES an diesem Dienstag bekanntgab, konnten die vergrabenen Überreste des einstigen Kastells in der Nähe der Carleith Primary School (Grundschule) geortet werden. Man kann sich leicht ausmalen, für welche Aufregung die kommenden Monate hier noch sorgen dürften.
Der Fundort ist passenderweise dort, wo einst auch der Antoniuswall verlief – eine von den Römern in Zentralschottland errichtete Grenzbefestigung, die zugleich eine von sechs Unesco-Welterbestätten des Landes darstellt.
Das Kastell wurde wahrscheinlich von 142 bis 162 nach Christus genutzt
Gefunden wurde die Befestigungsanlage durch den Einsatz von Gradiometrie. Also einer geophysikalischen Vermessungstechnik, mit der man auch ohne Ausgrabungen einen Blick ins Erdreich werfen kann.
Auf diese Weise konnten die Archäologen zunächst den Steinsockel des Kastells identifizieren, an den vor vielen Jahrhunderten ein etwa zwei Meter hoher Schutzwall angebunden war. Das Kastell dürfte in seiner Blütezeit mit etwa zehn bis zwölf römischen Soldaten besetzt gewesen sein.
Stationiert waren diese wahrscheinlich in einem noch deutlich größeren Kastell in der Nähe, vermutlich in Duntocher. Man geht davon aus, dass ein solcher Trupp vor Ort für gut eine Woche die Stellung hielt, bevor dann – ebenfalls aus Duntochter – die Ablösung kam.
Das Kastell bestand aus zwei kleinen Holzgebäuden, in denen die Soldaten untergebracht waren. Genutzt wurde es sehr wahrscheinlich während der gesamten 20 Jahre (142 bis 162 nach Christus), in denen der Antoniuswall die nördlichste Grenze des Römischen Reiches bildete.
Riona McMorrow, eine Sprecherin von HES, zu dem Fund: „Es ist großartig zu sehen, wie unser Wissen über die Geschichte wachsen kann, indem neue Methoden uns neue Einblicke in die Vergangenheit bieten.“
1707 hatte ein Antiquitätenhändler erstmals von dem Kastell berichtet
Archäologie sei oft Detektivarbeit, so die Expertin weiter, „und die aktuelle Entdeckung ist ein schönes Beispiel dafür, wie eine vor 300 Jahren gemachte Beobachtung und neue Technologien sehr gewinnbringend zusammenkommen können.“
Damals nämlich, im Jahr 1707, hatte der Antiquitätenhändler Robert Sibbald laut BBC schriftlich festgehalten, dass er in der Gegend um Carleith Farm die Überreste eines Forts gesehen habe. Nur hat dieses Wissen den vorherigen Ausgrabungsteams nicht zum Fund der Anlage verholfen.
Klar ist auch: Zur Zeit der Errichtung des Antoniuswalls gab es bis zu 41 Kastelle, von denen bislang lediglich zehn gefunden werden konnten. Das zeigt, dass es in der Region potenziell noch mehr römische Monumente zu entdecken gibt. Mit neuer Technik umso wahrscheinlicher.