Facebooktwitterpinterestrssinstagram

Der Flug des Schmetterlings

Die 4.000 Kilometer lange Reise des Distelfalters über Kontinente

Der Distelfalter (Vanessa cardui) überrascht die Wissenschaft mit einer der spektakulärsten Insektenwanderungen überhaupt: Bis zu 4.000 Kilometer legen manche Exemplare auf ihrer Reise von Skandinavien bis südlich der Sahara zurück – quer über das Mittelmeer, durch die Weiten der Wüste. Andere brechen früher ab, stoppen bereits am Mittelmeer. Eine neue internationale Studie zeigt, wie flexibel und unvorhersehbar das Zugverhalten dieser Schmetterlinge ist.

Distelfalter Wanderung
Überraschend ist, dass das Wanderverhalten des Distelfalters nicht von seinen Genen abhängig zu sein scheint, sondern von Umweltfaktoren beeinflusst wird. (Foto: Johannes Robalotoff / CC BY-SA 3.0 DE)
Forscher der Universitäten Ottawa und Uppsala, des Institut Botànic de Barcelona und weiterer Einrichtungen analysierten zwischen 2018 und 2019 hunderte Distelfalter aus Europa und Afrika. In Kanada kam modernste Isotopenanalyse zum Einsatz, in Spanien und Schweden wurde das Erbgut sequenziert. Die Ergebnisse überraschen: Die Unterschiede im Wanderverhalten lassen sich nicht genetisch erklären.

„Wir konnten mithilfe von Wasserstoff- und Strontiumisotopen zurückverfolgen, woher die Tiere stammen und wie weit sie gereist sind“, erklärt Clement Bataille, Professor für Naturwissenschaften an der Universität Ottawa. „Das bestätigt die enorme Spannweite ihres Zugverhaltens.“

Migrationsmuster sind weniger starr als gedacht

Frühere Untersuchungen hatten bereits gezeigt, dass Vanessa cardui sogar Ozeane überwindet – etwa bei einer 4.200 Kilometer langen Reise von Westafrika nach Südamerika. Der neue Befund: Die Migrationsmuster sind weniger starr als gedacht – und offenbar stark von Umweltfaktoren wie der Tageslichtdauer beeinflusst.

„Es sind nicht die Gene, die den Unterschied machen“, sagt Megan Reich, Postdoktorandin an der University of Ottawa. „Die Tiere reagieren flexibel auf Umweltreize – ein klarer Hinweis darauf, wie äußere Bedingungen das Verhalten steuern.“

Ein auffälliges Muster: Distelfalter aus dem Norden ziehen im Herbst tendenziell weiter nach Süden als ihre südlichen Artgenossen. Was genau dieses „Sprungverhalten“ auslöst, ist noch unklar. Die Forscher sehen darin wichtige Fragen für die Zukunft.

„Könnte diese fehlende genetische Differenzierung trotz unterschiedlicher Zugstrategien auch bei anderen Insekten vorkommen?“, fragt Daria Shipilina, Biologin am Institute of Science and Technology Austria (ISTA). Die Antwort könnte unser Verständnis von Migration grundlegend verändern.

Warum das wichtig ist? Wandernde Insekten spielen eine Schlüsselrolle im Ökosystem: Sie bestäuben Pflanzen, dienen als Nahrung für andere Arten und transportieren Nährstoffe.

„Wenn wir ihre Wanderungsmuster verstehen, können wir besser einschätzen, wie menschliche Eingriffe in die Umwelt – etwa durch den Klimawandel – langfristig auf diese Prozesse wirken“, so Reich.

Die Studie liefert ein weiteres Puzzleteil im Verständnis globaler Migrationsbewegungen – und zeigt: Auch kleine Flügel können große Distanzen überwinden.

Die Studie wurde in PNAS Nexus unter dem Titel „Isotope geolocation and population genomics in Vanessa Cardui: Short- and long-distance migrants are genetically undifferentiated“ veröffentlicht.

Unser QUIZ zum Thema SCHWEDEN

Tags:

Sie wollen diesen Beitrag teilen?

Facebooktwitterredditpinterestmail
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest

0 Comments
älteste
neuste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen