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Ein Werkzeug für die Klimapolitik

Die Wälder der Welt auf der Waagschale – Forschungssatellit misst globale Biomasse

Ein neuer Satellit steht kurz vor dem Start – und mit ihm eine kleine Revolution in der Klimaforschung. Am 29. April soll vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus die ESA-Mission Biomass beginnen. Ihr Ziel: die Wälder der Welt zu wiegen. Dank einer besonderen Radartechnologie, an deren Entwicklung Schweden maßgeblich beteiligt war.

Biomass Satellit
Illustration des Biomass-Satelliten bei der Vermessung der Wälder der Erde. (Quelle: ESA)
Der Trick liegt im sogenannten P-Band-Radar. Das ist ein ziemlich langwelliges Signal, das durch die Baumkronen dringt und den gesamten Baumstamm bis zum Boden erfassen kann. So entsteht ein detailliertes 3D-Bild – und damit auch eine verlässliche Schätzung der Biomasse. Heißt: Wie viel lebende Materie steckt in einem Wald? Und noch wichtiger: Wie viel Kohlenstoff speichert er?

Denn das ist der Kern des Ganzen. Wälder sind CO₂-Speicher, unverzichtbar im Kampf gegen den Klimawandel. Rund acht Milliarden Tonnen Kohlendioxid ziehen sie jedes Jahr aus der Atmosphäre. Nur weiß niemand so genau, wie sich diese Speichermengen weltweit verändern – das soll Biomass jetzt erstmals sichtbar machen.

Schwedische Technik für globale Daten

Entscheidenden Anteil am Projekt hatten Forscher der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg. Einer von ihnen ist Lars Ulander, Radarexperte und einer der Vordenker hinter der Mission.

Bereits vor 20 Jahren schlug er gemeinsam mit Kollegen vor, genau diese Radartechnologie in den Orbit zu schicken. Jetzt wird aus der Idee Realität – mit einem zwölf Meter großen Radarreflektor, der in 600 Kilometern Höhe rund um den Globus kreist.

Getestet wurde das Radar ebenfalls in Schweden: In den Wäldern bei Skövde und Vindeln wurde es kalibriert und angepasst. Ohne diese Daten wäre die Technik im All kaum einsatzbereit.

Dass der Satellit aus Sicherheitsgründen keine Daten über Europa und Nordamerika sammeln darf – dort wird das P-Band militärisch genutzt – hält Ulander für verschmerzbar: „Unsere Wälder sind ohnehin gut vermessen. Die wirklich großen Wissenslücken liegen in den Tropen.“

Ein Werkzeug für die Klimapolitik

Was bringt das alles konkret? Mehr Präzision. Bisher basieren viele Schätzungen zur Waldbiomasse auf indirekten Methoden – mit entsprechenden Unsicherheiten. Biomass soll das ändern.

Mit genaueren Daten lassen sich Klimamodelle verbessern, CO₂-Bilanzen verlässlicher berechnen – und damit auch politische Entscheidungen besser begründen. Vom Schutzprogramm gegen Entwaldung bis hin zur internationalen Klimakonferenz.

Finanziert wird das Projekt von der Europäischen Weltraumorganisation ESA, unterstützt durch nationale Raumfahrtbehörden. Auch die schwedische Weltraumbehörde war früh dabei – und förderte die Forschung an den Universitäten Chalmers und SLU sowie die Entwicklung der nötigen Technik.

Biomass ist Teil der Earth Explorer-Reihe der ESA, inzwischen die siebte Mission in diesem Forschungsprogramm. Mindestens fünf Jahre lang soll der Satellit Daten liefern – erste Karten werden 2026 erwartet.

Unser QUIZ zum Thema SCHWEDEN

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