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Zukunftsangst

Immer mehr Frauen in Schweden wollen keine Kinder

In Schweden wächst der Anteil junger Frauen, die sich gegen ein Leben mit Kindern entscheiden. Eine aktuelle Studie der Universität Uppsala zeigt: Jede vierte Frau im Alter von durchschnittlich 24 Jahren ist sich unsicher oder will bewusst keine Kinder – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2014, als dieser Anteil bei nur zehn Prozent lag.

Cerisa Obern
Cerisa Obern, Assistenzärztin und Doktorandin an der Abteilung für Frauen- und Kindergesundheit der Universität Uppsala, und Hauptautorin der Studie. (Foto: Mikael Wallerstedt)
Die Studie basiert auf den Angaben von 596 Frauen, die eine gynäkologische Praxis in Uppsala aufsuchten. Die Mehrheit von ihnen war Studentin. Nur 75 Prozent gaben an, Kinder haben zu wollen – 2014 lag dieser Wert noch bei 91 Prozent.

Zukunftsangst als Grund für Kinderlosigkeit

Cerisa Obern, Hauptautorin der Studie, sieht in der gesellschaftlichen Unsicherheit einen möglichen Auslöser für den Trend. „Wir wissen, dass die Geburtenrate sinkt. Unsere Daten deuten darauf hin, dass es nicht nur an Fruchtbarkeitsproblemen liegt – einige Frauen wollen schlicht keine Kinder. Eine Rolle spielt vermutlich auch, dass die Welt als unberechenbarer wahrgenommen wird als früher“, sagt die Doktorandin.

Von den Befragten äußerten sich 40 Frauen in Freitextantworten zu ihren Beweggründen. Die häufigsten Gründe: Kein genereller Wunsch, Mutter zu werden, gesundheitliche Bedenken, der Wunsch nach persönlicher Freiheit, wirtschaftliche Unsicherheit sowie Sorgen um Überbevölkerung und Klimawandel.

Obern betont, dass diese Erkenntnisse auch politische Relevanz haben. „Wenn finanzielle Sorgen eine Rolle spielen, könnten Maßnahmen wie höheres Kindergeld helfen – gerade für Akademikerinnen, die spät in den Beruf starten.“

Zustimmungsgesetz zeigt Wirkung – aber nicht für alle

Ein weiterer Aspekt der Studie war das Thema Zustimmung beim Sex. Seit 2018 gilt in Schweden das sogenannte Zustimmungsgesetz, das sexuelle Handlungen ohne ausdrückliches Einverständnis unter Strafe stellt. Laut der Studie sagten 63 Prozent der Befragten, sie seien vor dem letzten sexuellen Kontakt ausdrücklich um Zustimmung gebeten worden. Ganze 98 Prozent gaben an, dass sie die letzte sexuelle Begegnung als einvernehmlich erlebt hätten – sei es verbal oder durch Verhalten. Dennoch bleibt eine Lücke: Zwei Prozent gaben an, keine Zustimmung wahrgenommen zu haben.

Kondomnutzung rückläufig

Ein alarmierender Befund: Nur noch 60 Prozent der Frauen verwendeten beim ersten Geschlechtsverkehr ein Kondom. 2014 waren es noch 71 Prozent, 1999 sogar 77 Prozent. Die Forschenden sehen darin ein Risiko – besonders angesichts der zunehmenden Antibiotikaresistenzen sexuell übertragbarer Infektionen.

„Kondome schützen nicht nur vor ungewollter Schwangerschaft, sondern auch vor Krankheiten. Trotzdem geht ihre Nutzung zurück“, so Obern. Sie empfiehlt eine Kombination aus Kondom und hormoneller Verhütung.

Rückzug der Aufklärungskampagnen

Tanja Tydén, Professorin im Ruhestand und Mitautorin der Studie, verweist auf den Rückgang öffentlicher Informationskampagnen als möglichen Grund für die sinkende Kondomnutzung. „In den 90ern gab es breite Aufklärung – heute fehlt das oft. Schulen, Eltern und medizinisches Personal müssen wieder stärker aufklären und praktische Hilfestellung leisten“, fordert sie.

Fakten zur Studie (2023)

  • Befragt wurden 596 Frauen in Uppsala, Durchschnittsalter: 24 Jahre
  • 75 % wollen Kinder, 8 % lehnen Kinder ab, 16 % sind unentschlossen
  • 28 % haben über Eizellen-Einfrieren nachgedacht
  • 63 % wurden vor dem letzten Sex um Zustimmung gebeten
  • 98 % erlebten eine einvernehmliche sexuelle Begegnung
  • 60 % nutzten beim ersten Sex ein Kondom (2014: 71 %)
  • 80 % bezeichnen sich als heterosexuell (2014: 91 %)
  • Durchschnittliche Anzahl der Sexualpartner: 11,7
  • Alter beim ersten Sex: 16,8 Jahre (1989: 17,6)
  • 40 % konsumieren weißen Snus, 2 % rauchen

Die Forscherinnen planen, die Untersuchung auch in Zukunft fortzusetzen, um langfristige Veränderungen in Sexualverhalten und Familienplanung sichtbar zu machen.

Die Studie erschien unter dem Titel „Sexual behaviour, contraceptive use, and family planning intentions: 30 years of repeated cross-sectional surveys“ im European Journal of Contraception & Reproductive Health Care.

Unser QUIZ zum Thema SCHWEDEN

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