Größter Konjunkturabschwung seit 40 Jahren
Schwedische Wirtschaft leidet an Corona
Schwedens Sonderweg im Umgang mit der Coronapandemie sollte auch dem Schutz der Wirtschaft dienen, wenn auch nicht offiziell. Doch was bringt es in einer Welt, in der alles mit allem zusammenhängt, national-regionale Lockdown-freie Wirtschaftszonen zu schaffen? Nichts, wie die neuesten Zahlen aus Schweden nun zeigen.
Schwedens BIP ist nach neuen Berechnungen in einem Quartal so stark eingebrochen, wie seit 40 Jahren nicht mehr. Um satte 8,6 Prozent ging das Bruttoinlandsprodukt Schweden zurück, vermeldet das schwedische Statistikamt.
„Der Rückgang des BIP ist der größte für ein einzelnes Quartal im Zeitraum von 1980 und darüber hinaus“, so die Zahlenschieber des Landes über die wirtschaftliche Aktivität im Vergleich zum ersten Quartal des Jahres.
Der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Vergleich zum zweiten Quartal 2019 betrug 8,2 Prozent.
Die vorgelegten Zahlen sind vorläufig, und eine Aktualisierung wird für den 28. August erwartet.
Obwohl der Rückgang erheblich war, wurde er von den Analysten weitgehend erwartet.
„Es handelt sich um einen dramatischen Abschwung. Aber im Vergleich zu anderen Ländern ist er erheblich besser, zum Beispiel im Vergleich zu Südeuropa“, sagte Torbjörn Isaksson, Chefanalyst der Nordea-Bank, gegenüber der Nachrichtenagentur TT.
Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone brach im zweiten Quartal um 12,1 Prozent ein, wobei der Rückgang in Spanien, Italien und Frankreich noch stärker ausfiel, da dort der Tourismussektor besonders stark unter der Krise leidet.
Deutschlands BIP-Rückgang in diesem Jahr wird von Analysten mit -6,5 Prozent geschätzt. Das BIP in Liatuen, einem Land, das mit strikten und schnellen Lockdownmaßnahmen gegen das Virus reagiert hat, ist im 2. Quartal um -3,8 Prozent geschrumpft, während es im 1. Quartal noch bei 2,4 Prozent im Plus lag.
In Finnland, einem Land, das ebenso rigoros gegen das Virus mit Abschottung reagierte, soll die Wirtschaft in diesem Jahr um 7 Prozent schrumpfen, so die Prognosen des finnischen Statistikamtes und der Zentralbank von Finnland, Suomen Pankki.
Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern wurde in Schweden während der Coronavirus-Pandemie nie ein so genannter Lockdown verhängt, so dass die Unternehmen weitgehend am Laufen gehalten wurden. Da die Wirtschaft des Landes jedoch vom Export abhängig ist, waren die Auswirkungen des globalen Konjunkturabschwungs dennoch schnell zu spüren.
Schwedische Politiker und Beamte beharrten darauf, dass ihre Strategie immer auf die öffentliche Gesundheit und nie speziell auf die Rettung der Wirtschaft ausgerichtet war.
Als Schweden seine BIP-Zahlen für das erste Quartal des Jahres meldete, waren die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie noch nicht erkennbar, und das Land verzeichnete ein Wachstum von 0,1 Prozent.
Technisch gesehen bedeutet das, dass sich Schweden noch nicht in einer Rezession befindet, eine Rezession definiert sich dadurch, dass das BIP in zwei aufeinander folgenden Quartalen rückläufig ist.
Die zu erwartende zweite Welle der Corona-Infektionen und die Wirtschaftsprognosen deuten darauf hin, dass eine Rezession in diesem Jahr sehr wahrscheinlich ist.
Doch zurück zu der Frage, was hat der schwedische Sonderweg der Wirtschaft des Landes genützt? – Immer noch nichts.
ap