Dokumentarfilm
Vorwurf des Greenwashing gegen Ikea – Kahlschlag statt Nachhaltigkeit
Ikea vermarktet sich als der sympathische Möbelladen von nebenan. In den Werbe- und Imagefilmen des Möbel-Giganten sieht man intakte Wälder, so weit das Auge reicht, alte Baumstämme mit neuen, sprießenden Pflanzen und Insekten, die auf dem Waldboden herumkrabbeln.
Doch diese Kommunikation verstoße nach Ansicht von Experten gegen die Regeln zum Greenwashing, berichtet der dänische Rundfunk auf seiner Website.
In den Werbebotschaften von Ikea werden häufig Bilder gezeigt, die erklären, warum das Unternehmen „Holz liebt“. Dabei werden Begriffe wie „nachhaltig“, „verantwortungsvolle Forstwirtschaft“ und „minimale Umweltauswirkungen“ verwendet.
Wettbewerbswidrig: Verdacht auf Greenwashing
Eine neue DR-Dokumentation zeigt jedoch, dass das Unternehmen betrüge, so schätzen zumindest Experten die Lage ein.
Heidi Højmark Helveg äußert sich laut DR dazu: „Wenn Ikea nicht beweisen kann, dass es nachhaltig ist, und es gibt Hinweise darauf, dass sie es nicht können, dann wäre es illegal. Das wäre Greenwashing.“
Jan Trzaskowski, Professor für Marketingrecht an der Universität Aalborg, erklärt:
„Wenn Ikea sich selbst als nachhaltig vermarktet, kann es für die Verbraucher schwierig sein zu erkennen, ob es sich um den Wunsch nach Nachhaltigkeit oder um eine tatsächlich nachhaltige Produktion handelt.“
Er ergänzt: „Die Werbung erweckt den Eindruck, dass Ikea nachhaltig sein will, und der Durchschnittsverbraucher wird die Botschaft wahrscheinlich so verstehen, dass es bereits nachhaltig ist.“
Ikea weist Vorwurf zurück
Ikea schreibt in einer schriftlichen Antwort an den DR, dass sie „den Vorwurf des Greenwashing kategorisch zurückweisen“.
„Unser Engagement für eine verantwortungsvolle Forstwirtschaft wird durch strenge Praktiken, unabhängige Zertifizierungen und umfassende Transparenz untermauert. Unsere forstwirtschaftlichen Aktivitäten in Rumänien entsprechen allen nationalen und internationalen Vorschriften und werden regelmäßig von unabhängigen Dritten auditiert“, erklärt Ikea.
Kahlschlag in Rumänien
Dennoch werfen Experten dem Möbelriesen vor, sich mit fremden Federn der Umweltfreundlichkeit zu schmücken. Dies liegt an der Art und Weise, wie Ikea einige seiner Wälder bewirtschafte, heißt es in der Dokumentation des Fernsehsenders.
Ikea zählt zu den größten Holzeinkäufern der Möbelindustrie und bezieht etwa vier Prozent seines gesamten Holzes aus Rumänien. Das Land beherbergt einige der ältesten Wälder Europas, die laut EU von besonderem ökologischen Wert sind.
Der neue DR-Dokumentarfilm „Ikea liebt Holz“ beleuchtet Ikeas Forstwirtschaft in Rumänien, die Experten als „alles andere als nachhaltig“ einstufen. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, Kahlschläge durchzuführen, bei denen ganze Gebiete abgeholzt werden.
Jacob Heilmann-Clausen, außerordentlicher Professor am Institut für Biodiversität der Universität Kopenhagen, kritisiert diese Praxis:
„Das ist nichts, was ich als nachhaltige Forstwirtschaft bezeichnen würde. Es ist ein Kahlschlag im klassischen Sinne, bei dem alle Bäume gefällt werden, ohne dass etwas auf dem Land zurückbleibt. Das ist nichts, was normalerweise in der zertifizierten Forstwirtschaft akzeptiert wird.“
Trägt der Verbraucher Mitschuld an Ikeas Handeln?
Die Menschen kaufen bei Ikea ein, das für sehr billige Möbel bekannt ist. Haben die Verbraucher nicht auch eine Verantwortung? Diese Frage wird im Dokumentarfilm für diesen speziellen Fall nicht bejaht.
„In diesem speziellen Fall sagt Ikea mir als Verbraucher, dass ich sowohl ein billiges Produkt als auch eine nachhaltige Produktion bekommen kann. Deshalb ist es sehr wichtig, dass diese Aussage auch zutrifft“, sagt Direktor des dänischen Verbraucherrats Tænk, Winni Grosbøll.
Verbraucher sind oft nicht in der Lage, die tatsächlichen Praktiken von Unternehmen zu überprüfen. Das macht es umso wichtiger, dass Unternehmen ihre Aussagen transparent und durch glaubwürdige Nachweise stützen. Ohne diese Beweise riskieren sie nicht nur Imageschäden, sondern auch rechtliche Konsequenzen.
Ikea widerspricht der Einschätzung von Experten
Ikea widerspricht in einem Schreiben an den DR der Einschätzung unabhängiuger Experten.
„Unser Marketing spiegelt sowohl unsere Nachhaltigkeitsziele als auch die konkreten Schritte wider, die wir unternehmen, um verantwortungsvoll zu produzieren.“
Ikea betont auch, dass „die Kunden darauf vertrauen können, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Ziel ist, sondern ein integraler Bestandteil unserer Geschäftstätigkeit.“
Die Vorwürfe gegen Ikea kommen allerdings nicht nur von dänischen Experten. Auch die NGO „Agent Green“ beispielsweise unterstellt Ikea Greenwashing in einer aktuellen Untersuchung zu den forstwirtschaftlichen Aktivitäten des Unternehmens in Rumänien, wo der Konzern über eine Tochtergesellschaft mit 51.000 Hektar der größte private Waldbesitzer des Landes ist.
Das zeigt diese Doku des Fernsehsenders ZDF: „Greenwashed? – IKEA und Nachhaltigkeit“.