Mehr als 400.000 Geräte in einem Jahr in Finnland, Norwegen und Schweden installiert
Kein Reizthema in Skandinavien: Wärmepumpen in Nordeuropa seit Jahren Standard
In Schweden wird Energie gespart, und das schon richtig lange. Seit Anfang der 2000er-Jahre ist der gesamte Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser in privaten Wohnräumen und –gebäuden zurückgegangen, obwohl parallel immer mehr gebaut wurde. Man setze eben auf Effizienz im Umgang mit den Ressourcen, erklärt die schwedische Energiebehörde die Entwicklung.
Und die Internationale Energiebehörde IEA gibt zu ihrem Mitglied Schweden durch: „Die Wärmeversorgung erfolgt in Schweden überwiegend über bioenergiebasierte Fernwärme und Wärmepumpen.“
Desweiteren erklärt der schwedische Branchenverband für die Energieunternehmen auf Anfrage von NORDISCH.info: „Der Marktanteil der Wärmepumpen beträgt etwa 30 Prozent des Wärmemarktes, während die Fernwärme einen Marktanteil von etwa 50 Prozent hat.“
Das heißt also, in Schweden setzen die Menschen schon längst auf Wärmepumpen. Und nicht nur dort, auch in den beiden Nachbarländern Norwegen und Finnland – und anderen nordischen Ländern – steht die Wärmepumpe hoch im Kurs.
Mehr als 400.000 Geräte wurden im vergangen Jahr in Finnland, Norwegen und Schweden in den Häusern angeschlossen, so geben es verschiedene Quellen an.
In Finnland etwa konnten im vergangenen Jahr knapp über 70 neue Wärmepumpen pro 1.000 Haushalte installiert werden; im Land der Fjorde waren es über 60 Geräte und in Schweden über 40 Pumpen pro 1.000 Haushalte. Einfach nur zum Vergleich: In Deutschland waren es 2022 auf genau diese Einwohnerzahl gerechnet sechs Wärmepumpen.
Warum gab es keine kontroverse Diskussion über Wärmepumpen?
In den drei nordischen Ländern sind die Wärmepumpen also längst Standard, eine Diskussion, wie sie Deutschland im vergangenen Jahr begann, gibt es hier allerdings nicht. Stellt sich also die Frage, was die Gründe dafür sind, dass die Wärmepumpe so beliebt ist? Beispielsweise in Schweden.
Der Branchenverband gibt dazu an: „Eines der wichtigeren politischen Instrumente war die Einführung einer Kohlendioxidsteuer im Jahr 1992 in Schweden, die dann schrittweise erhöht wurde und ein deutliches Preissignal für die Umstellung von Ölheizungen auf Wärmepumpen und Fernwärme setzte.
Gelegentlich gab es auch staatliche Zuschüsse für die Umstellung von direkter Elektroheizung auf Wärmepumpen und Fernwärme. Es gab zudem eine allmähliche technische Entwicklung von Wärmepumpen, bei der ihre Effizienz gesteigert wurde, was die Wettbewerbsfähigkeit von Wärmepumpen erhöht hat.“
Genau so erklärt es auch der Wärmepumpen-Hersteller, die Bosch Home Comfort Group, auf Anfrage von NORDISCH.info: „In den skandinavischen Ländern gibt es kein ausgebautes Gasnetz, daher wurden die Gebäude vor den Wärmepumpen entweder per Fernwärme, Direktstrom oder Öl beheizt.“
Und weiter: „Die schwedische Regierung hat Anfang der 90er Jahre Anreize geschaffen, um die Wärmepumpen-Produktion bei den Herstellern zu steigern und auch den Endkunden die Ölheizungen zu ersetzen. Es gab Förderungen für den Tausch von der Öl-Heizung zur Wärmepumpe. Außerdem wird durch die CO2-Besteuerung, die es in Schweden seit den 1990ern gibt, das Heizen mit Wärmepumpen zusätzlich attraktiver.“
Alle drei Länder setzen auf die Wärmepumpen, aber Unterschiede gibt es schon: „Die skandinavischen Länder sind nur teilweise vergleichbar; in Schweden und Finnland gibt es einen hohen Anteil an Sole-Wasser-Wärmepumpen, auch Erdwärmepumpen genannt. In Norwegen werden vermehrt Luft-Luft Wärmepumpen genutzt oder energieeffiziente Neubauten mit Direktstrom geheizt“, so die Bosch-Experten.
Häufig hört man ja den Einwand, je kälter es ist, desto höher sei bei einer Wärmepumpe der anteilige Strombedarf. Und kalt ist es ja bekanntlich in den nordischen Ländern (durchschnittlich um etwa vier Grad kälter als in Deutschland).
Die Bosch Wärmepumpen-Experten erklären das so: „Unabhängig von der Heizungstechnologie steigt bei sehr niedrigen Außentemperaturen der Heizbedarf des Gebäudes. Bei Luft/Wasser-Wärmepumpen hängt zudem die Effizienz des Gerätes in gewissem Maße von der Außentemperatur ab. Bei einem hohen Strompreis wie in Deutschland führt das an kalten Tagen zu höheren Verbrauchskosten. Gemittelt über das Gesamtjahr ist jedoch auch hier der Wärmepumpenbetrieb in den meisten Fällen günstiger als mit fossiler Beheizung.“
In Schweden dagegen ist der Strompreis historisch sehr gering und das Unternehmen erklärt weiter, in den nordischen Ländern werde die Sole-Wärmepumpe/Erdwärmepumpe bevorzugt. Diese sei etwas aufwändiger bei der Installation, da sie die Umweltenergie aus dem Erdreich bezieht und daher eine Sondenbohrung notwendig ist. Vorteil dieser Technologie sei, dass sie unabhängig von der Außentemperatur arbeitet und daher eine über das ganze Jahr konstante Effizienz bei der Wärmeerzeugung bietet.
Nach eigenen Angaben läuft es gut für das Unternehmen in Sachen Wärmepumpen. Die Bosch Home Comfort Group sei international im Jahr 2021 mit Wärmepumpen um 38 Prozent gewachsen, 2022 um 54 Prozent. In Deutschland erzielte das Unternehmen 2022 ein Umsatzwachstum mit Wärmepumpen von 75 Prozent und ist damit deutlich stärker gewachsen als der Markt. Für 2023 wird erwartet, dass der europäische Wärmepumpen-Markt um rund 20 Prozent zulegen wird.
Zur Bosch-Gruppe gehört auch ein Unternehmen mit Produktion von Wärmepumpen in Tranås, eine schwedische Firma, die Bosch übernommen hat. Dort werden Geräte für die Märkte in Skandinavien, aber auch für andere europäische Märkte produziert.