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Eine unerwartete Beobachtung

Zwei Unterarten Fischfressender Heringe in der Ostsee entdeckt

Die Heringe der Ostsee, lange als planktonfressende Akteure in den Ökosystemen des nördlichen Atlantiks und der Ostsee bekannt, überraschen erneut die Wissenschaft. Eine bahnbrechende Studie, veröffentlicht in Nature Communications und geleitet von einem Forscherteam der Universität Uppsala, offenbart die Existenz einer genetisch eigenständigen, fischfressenden Heringspopulation.

fischfressender Ostseehering
Ein Vergleich des schnell wachsenden, fischfressenden Ostseeherings (auf Schwedisch Slåttersill) und des langsam wachsenden, planktonfressenden, im Frühjahr und Herbst laichenden Ostseeherings. (Abb.: Leif Andersson)
Diese Entwicklung ist besonders bemerkenswert in der Ostsee – einem vergleichsweise jungen Gewässer, das erst seit dem Ende der letzten Eiszeit vor rund 8.000 Jahren besteht.

Schlüsselrolle im Ökosystem

Der Hering gilt als unverzichtbarer Vermittler zwischen der Planktonproduktion und höheren Gliedern der Nahrungskette, etwa Raubfischen, Seevögeln, Meeressäugern und Menschen.

Frühere Studien wiesen bereits auf genetische Anpassungen an Umweltfaktoren wie Salzgehalt und Temperatur hin. Doch die Entdeckung einer Population von fischfressenden Heringen deutet auf eine weitreichendere ökologische Diversität hin.

Eine unerwartete Beobachtung

Den Anstoß für die Untersuchung gab eine Meldung eines Fischers aus der Nähe von Uppsala, der von außergewöhnlich großen Heringen berichtete.

„Diese Heringe laichen kurz vor Mittsommer und erreichen die Größe eines Atlantischen Herings“, schilderte der Fischer.

Für Leif Andersson, Professor an der Universität Uppsala und Leiter der Studie, war dies Anlass, Proben zu sammeln. Die Ergebnisse waren eindeutig: Es handelt sich um eine genetisch eigenständige Population, die sich über Jahrhunderte in der Ostsee entwickelt hat.

Morphologie und Ernährung

Die Analyse der großen Heringe ergab erstaunliche Unterschiede zu ihren planktonfressenden Verwandten. Beschädigte Kiemenreusen – normalerweise essenziell für das Sieben von Plankton – wiesen auf eine Ernährung mit kleinen Fischen hin, darunter der kleine wehrhafte Stichling.

Diese Umstellung auf Fischfutter scheint eine schnellere Wachstumsrate, einen höheren Fettgehalt und überraschenderweise einen geringeren Gehalt an Dioxin, einem weit verbreiteten Schadstoff, zu fördern. Diese Merkmale machen die fischfressenden Heringe besonders interessant für die menschliche Ernährung.

Zwei Subpopulationen entdeckt

Eine vollständige Genomsequenzierung enthüllte zwei genetisch unterschiedliche Subpopulationen der fischfressenden Heringe: eine nördlich und eine südlich von Stockholm.

Diese Untergruppen ernähren sich ebenfalls von kleinen Fischen, wie die Analyse ihres Mageninhalts zeigte. Die Entwicklung dieser Fischdiät in der Ostsee stellt die Forscher vor ein Rätsel. Warum findet sich ein solches Verhalten nicht bei Heringen im Atlantik?

Evolution im jungen Gewässer

Die Ostsee bietet mit ihrem niedrigen Salzgehalt und begrenzten Artenreichtum ein einzigartiges Habitat. Der Mangel an Konkurrenz durch andere Raubfische wie Makrelen und Thunfische könnte eine zentrale Rolle gespielt haben.

„Diese Heringe haben eine bislang ungenutzte Nahrungsressource erschlossen“, erklärt Andersson.

Die Entdeckung eröffnet neue Perspektiven auf die Anpassungsfähigkeit von Meeresfischen und unterstreicht die Bedeutung genetischer Vielfalt für die Ökosysteme der Ostsee.

Die Studie erschien unter dem Titel Evolution of fast-growing piscivorous herring in the young Baltic Sea.

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